Antrag - 24/SVV/0401

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam wird beauftragt,

  • ein umfassendes Konzept zu erstellen und spätestens bis zum 31.12.2024 der Stadtverordnetenversammlung vorzulegen, welches es ermöglicht, „Solares Bauen“ (Definition s. Begründung) in die städtische Planung zu implementieren.

Dabei sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • bei der zukünftigen Entwicklung und Vorlage von städtebaulichen Konzepten, Bauleitplänen, Master-Plänen, Bebauungsplänen und vorhabenbezogenen Bebauungsplänen diese grundsätzlich im Vorfeld einer Prüfung hinsichtlich der Berücksichtigung der Kriterien des „Solaren Bauens“ zu unterziehen und darüber der Stadtverordnetenversammlung regelmäßig Bericht zu erstatten.
  • Solarthermie auf Dächern, Fassaden und anderen geeigneten Gebäudeteilen zu fördern sowie planerische Vorsorge für die Einrichtung von dezentralen Speichern zu treffen und diese im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung für – kommunale – Fern- oder Nahwärmenetze nutzbar zu machen;
  • Gegenüber Land und Bund die Notwendigkeit von vereinfachten Genehmigungsverfahren hinsichtlich „Solaren Bauens“ deutlich zu machen;
  • sich im Rahmen des „Arbeitskreises Stadtspuren“ für einen Schwerpunkt „Solares Bauen“/ „Solararchitektur“/ „Solar Wärmeplanung bzw. Solare Wärmespeicher“ und gemeinsame Aktivitäten der städtischen Akteure einzusetzen.

 

 

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Erläuterung

Potsdam ist die Landeshauptstadt mit den meisten Sonnenstunden bundesweit. Dieses Potential wird im Städtebau Potsdams derzeit noch sehr wenig genutzt.

Definition: Unter „Solaren Bauen“ bzw. „Solararchitektur“ wird verstanden, das passive und aktive Potential der natürlichen Sonneneinstrahlung durch eine effektive Ausrichtung bzw. Stellung der Baukörper zur optimalen Sonnenergienutzung sowie mithilfe eines konsequenten Einsatzes entsprechender solarer Technologien und Materialien effizient zu nutzen. Dies gilt sowohl für eine angemessene Kompaktheit der Baukörper, eine entsprechende Dach- und Fassadengestaltung, bspw. mithilfe von Solarziegeln und Energie-Funktionsfassaden, als auch für die Entwicklung und den Bau (kommunaler) solarer Wärmenetze (insbesondere Nahwärmenetze bzw. Niedertemperierte Wärmenetze) und solarer Wärme-(Langzeit-)Speicher.
Für eine Anwendung von „Solararchitektur“ kommen sowohl Wohn- als auch Gewerbe- und Bürogebäude sowie öffentliche Gebäude in Frage. Neben der Architektur und Gestaltung einzelner Gebäude, ist eine entsprechende Ausgestaltung der Vorgaben für „Solares Bauen“ in der Bauleitplanung (Flächennutzungsplänen), Masterplänen und insbesondere in Bebauungsplänen bzw. vorhabenbezogenen Bebauungsplänen von maßgeblicher Bedeutung, da diese u.a. die Anordnung und Ausrichtung der Baukörper vorgeben.

Sozialer, wirtschaftlicher und energiepolitischer Nutzen: Im Idealfall trägt „Solares Bauen“ bzw. „Solararchitektur“ maßgeblich dazu bei, die Nebenkosten von Mieterinnen und Mietern bzw. Nutzerinnen und Nutzern (wie z.B. Handel, Gewerbe und Dienstleistungen, öffentliche Einrichtungen) erheblich zu senken. Wichtig ist deshalb eine konsequente Beachtung der Lebenszykluskosten im Bauwesen. Plusenergiegebäude bieten Mieterinnen und Mietern bzw. Nutzerinnen und Nutzern, z.B. über Energiegenossenschaften und/ oder Mieterstrom-Modellen, lokalen Unternehmen und gemeinwohlorientierten Einrichtungen Einnahmemöglichkeiten.

Rechtlicher Rahmen: Nachhaltige städtebauliche Entwicklung ist seit der Novelle des Baugesetzbuches (BauGB) 1998 das Oberziel der Bauleitplanung (§ 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB). „Solares Bauen“ bzw. „Solararchitektur“ wird den städtebaulichen Zielen einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung in besonderer Weise gerecht. Mit der BauGB-Novelle 2004 wurde die Nutzung erneuerbarer Energien als städtebaulichen Belang bestimmt (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 f BauGB) und eine Rechtsgrundlage für Solarfestsetzungen eingeführt (§ 9 Abs. 1 Nr. 23 b BauGB).


In § 9 Abs. 1 Nr. 23 b heißt es wörtlich: „Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: Gebiete in denen (…) b) bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen“.

Festsetzungsmöglichkeit durch die Kommune: Diese ist rechtssicher möglich, sofern neben der Erwähnung des Oberziels der Bauleitplanung „nachhaltige städtebauliche Entwicklung“ und einem Bezug zum (globalen) Klimaschutz zur städtebaulichen Rechtfertigung der Festsetzung des „Solaren Bauens“ Ausführungen u.a. z.B.

  • zum Belang der Nutzung Erneuerbare Energien (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 f BauGB),
  • zu einer von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Planung (§1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB), die z.B. in einem Klimaschutz- und Energiekonzept der Gemeinde dargelegt worden ist,
  • ggf. zudem zu den Belangen der lokalen Wertschöpfung (§1 Abs. 6 Nr. 8 a BauGB) bei einem Fokus auf die kommunale Wirtschaftsförderung für den Bereich Erneuerbaren Energien und innovative Bautechnologien („lokale Bau-Wende“), vorgelegt werden.

In der Landeshauptstadt Potsdam sind die oben genannten Voraussetzungen durch Grundsatzbeschlüsse und übergeordnete Konzepte, wie dem „Integrierten Stadt-Entwicklungs-Konzept (INSEK) 2035“, dem „Masterplan Klimaschutz 2050“/ „Integrierten Klimaschutzkonzept“, etc., im Grundsatz erfüllt. In der von der Landeshauptstadt Potsdam beauftragten Studie „Klimaschutz in der verbindlichen Bauleitplanung“ des Deutschen Instituts für Urbanistik (DIfU 2014/2017) wurden viele planerische Gestaltungsmöglichkeiten und Maßnahmen bereits umrissen.

Komplementarität zur klimaangepassten und ökologischen Stadtentwicklung:
Der Beschluss konzentriert sich auf „Solares Bauen“ bzw. „Solararchitektur“, da bereits Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam zu „ökologischen Planungsansätzen getroffen wurden, die allerdings ebenso ganzheitlich weiterentwickelt und auf ihren Umsetzungsstand überprüft werden sollten.

Das bereits eingeführte digitale, stadtweite, flächendeckende und öffentliche Solar- und Gebäudegrün-Kataster für alle Nutzergruppen (Mieterinnen und Mieter, Privateigentümerinnen bzw. Eigentümer, Wohnungsunternehmen, öffentliche Hand, Gewerbetreibende, etc.) anwendungsfreundlicher und zielgruppenorientierter zur konsequenten Ausnutzung des Potentials des Einsatzes von passiver und aktiver Solarenergie weiterzuentwickeln und stetig zu aktualisieren. Dies bedeutet u.a. den Ist-Zustand (vorhandene Anlagen) und das Fassadenpotential von Photovoltaik, Solarthermie und gebäudebezogenen Grün, solare Wärmespeicher und den Zugang zu Wärmenetzen sowie konkrete Förderungsmöglichkeiten aufzunehmen sowie das Potential in städtischen Entwicklungsgebieten darzustellen. Darauf aufbauend sollte durch die Landeshauptstadt Potsdam eine solare Dach- und Fassadenstrategie zur kurz-, mittel- und langfristigen Erschließung der solaren Potentiale entwickelt werden. In diesem Rahmen sollten auch die Möglichkeiten der Einführung einer städtischen Solarpflicht, beispielsweise auch im Rahmen von umfassenderen Sanierungen im Bestand dargelegt werden.

 

 

Gez.

Fraktionsvorsitzende: Babette Reimers; Pete Heuer; Dr. Sigrid Müller; Stefan Wollenberg

 

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Anlagen

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