Beschlussvorlage - 24/SVV/0936

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

1.) Die Nr. 4 des Beschlusses 21/SVV/0623 vom 02.06.2021, geändert durch Beschluss 23/SVV/0233 vom 03.05.2023, wird wie folgt geändert bzw. ergänzt:

 

Die Landeshauptstadt Potsdam (LHP) leistet den nach § 2 des Betrauungsaktes vorgesehenen Verlustausgleich (21/SVV/0623 i.V.m. der DS 21/SVV/0275) in den Jahren 2025 bis 2028 in nachfolgender maximaler Höhe und unter dem Vorbehalt der Ergebnisse der jeweiligen testierten Jahresabschlüsse sowie der jeweiligen geprüften Trennungsrechnungen:

 

a.) Höchstbetrag für 2025:          18,50 Mio. EUR

b.) Höchstbetrag für 2026:          15,00 Mio. EUR

c.) ab 2027 wird kein Verlustausgleich mehr geleistet.

 

Die Höchstbeträge können bereits im Januar des jeweiligen Jahres als Abschlag gezahlt werden und stehen jeweils unter Haushaltsvorbehalt.

 

2.) Zur Sicherung der Liquidität der Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH (KEvB) ist beabsichtigt, eine weitere Ausgleichszahlung im Sinne des § 2 des Betrauungsaktes in Form eines verzinslichen Gesellschafterdarlehens in Höhe von maximal 20 Mio. EUR für den Zeitraum 2025 – 2028 vorzusehen. Das Darlehen soll spätestens zum 31.12.2028 vollständig zurückgeführt werden. Dies gilt vorbehaltlich des Haushaltsbeschlusses 2025.

 

 

3.) Der Oberbürgermeister wird in seiner Funktion als Vertreter der Gesellschafterin in der Gesellschafterversammlung der KEvB ermächtigt, Gesellschafterbeschlüsse über die Vertragsabschlüsse zur Annahme der Ausgleichszahlungen der LHP nach den Beschlusspunkten 1.) bzw. 2.) unverzüglich zu fassen.

 

4.) Der Oberbürgermeister wird in seiner Funktion als Vertreter der Gesellschafterin in der Gesellschafterversammlung der KEvB beauftragt, die Geschäftsführung der KEvB anzuweisen, bis Juni 2025 ein umfassendes Sanierungskonzept mit Umsetzungsplanung vorzulegen, dessen Ziel es ist, dass die KEvB ab 2027 weder Zuschüsse noch nach 2028 Darlehen der LHP auf Grundlage des Betrauungsaktes erhalten muss.

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Erläuterung

 

  1. Sachverhalt

 

Die Landeshauptstadt Potsdam (LHP) ist alleinige Gesellschafterin der Klinikum Ernst von Bergmann gemeinnützige GmbH (KEvB), die infolge der Ausgliederung des gleichnamigen Eigenbetriebes aus der LHP am 13.08.2002 errichtet wurde und im Handelsregister des Amtsgerichtes Potsdam unter HRB 16279 P eingetragen ist.

 

Satzungsgemäßer Zweck der Gesellschaft ist die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege durch Feststellung, Heilung, Linderung oder Verhütung einer Verschlimmerung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden, die Geburtshilfe und Leistungen der Rehabilitation, soweit diese Gegenstand zulässiger kommunaler Daseinsvorsorgeaufgaben sind, durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen sowie den Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung älterer und/oder pflegebedürftiger Menschen.

 

Sofern ein Tochter- und BeteiIigungsunternehmen der Klinikum Ernst von Bergmann gemeinnützige GmbH als steuerbegünstigte Körperschaft im Sinne des § 51 ff. AO anerkannt ist, sind die Bestimmungen der Abgabenordnung zu beachten.

 

Der Zweck der Gesellschaft wird insbesondere verwirklicht durch den Betrieb und die Unterhaltung eines allgemeinen Krankenhauses der Schwerpunktversorgung und weiterer Krankenhäuser in dem nach dem Brandenburgischen KrankenhausentwickIungsgesetz in Verbindung mit dem LandeskrankenhauspIan zugewiesenen Versorgungsgebiet und den Betrieb des Krankenhauses in Forst mit den jeweiligen Ausbildungsstätten, den sonstigen Nebeneinrichtungen und Nebenbetrieben und ambulanten Einrichtungen insbesondere nach § 311 Abs. 2 bzw. § 95 SGB V sowie durch alle Maßnahmen und Geschäfte, die unmittelbar dieser Aufgabenerfüllung unter Beachtung der Gemeinnützigkeit dienen (Auszug).

 

Bei der KEvB handelt es sich um einen Schwerpunktversorger, dessen Versorgungsgebiet weit über das Potsdamer Stadtgebiet gemäß Landeskrankenhausplan hinausgeht. Die Konzernmuttergesellschaft hält 15 unmittelbare und mittelbare Beteiligungen an Unternehmen, die der gesundheitlichen Daseinsvorsorge dienen bzw. diese mit ihren Leistungen unterstützen.

 

In 2023 waren in der KEvB 2.474 Mitarbeitende im Jahresdurchschnitt beschäftigt; in der KEvB-Gruppe insgesamt 4300 Mitarbeitende.

 

Auf der Grundlage des Beschlusses 21/SVV/0623 (unter Berücksichtigung der DS 21/SVV/0275 – Betrauung des KEvB mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftliche Interesse in Umsetzung der SVV-Beschlüsse zur Überführung der Arbeitsverhältnisse in den TVöD) wurde das KEvB durch die Landeshauptstadt Potsdam (LHP) für eine Dauer von maximal zehn Jahren mit der Wahrnehmung von Dienstleistungsaufgaben von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (abgekürzt DAWI) auf dem Gebiet der LHP betraut. Ein entsprechender Betrauungsakt wurde am 14.04.2022 erlassen.

Dabei wird der von der LHP an das KEvB für die im Rahmen der Betrauung zu erbringenden Dienstleistungsaufgaben zu zahlende Ausgleich jeweils mit den Beschlüssen zum Haushaltsplan und der mittelfristigen Finanzplanung entschieden. Die Entscheidung über den konkreten Verlustausgleich hat sich an der Leistungsfähigkeit der LHP auszurichten (§ 96 Abs. 1 Ziff. 3 BbgKVerf).

 

Gemäß der Nr. 4 des Beschlusses, geändert mit Beschluss 23/SVV/0233, wurde der vorgesehene Verlustausgleich seitens der LHP für die Jahre 2020-2025 anhand des festgestellten Jahresabschlusses 2020 und der folgenden Wirtschaftsplanungen mit einer maximalen Obergrenze wie folgt versehen:

 

Auf Grund finanzieller Notwendigkeiten bei der KEvB, muss auf Grundlage des Betrauungsaktes die maximale Obergrenze der Ausgleichsleistungen für das Jahr 2026, jedoch in Ermangelung eines festgestellten Haushaltes 2026 mit einem Haushaltsvorbehalt versehen, festgelegt sowie in 2025 um ein Darlehen wie folgt erweitert werden:

 

Jahre

Maximale Obergrenze des Defizitausgleichs seitens der LHP gemäß Beschlüssen 21/SVV/0623 und 23/SVV/0233

Neu zu beschließende max. Obergrenze der Ausgleichsleistung seitens der LHP

Eigenbeitrag des KEvB gemäß Jahresab-schlüssen bis 2023 und Wirtschaftsplanung 2024

2020

  0,00 Mio. EUR

  0,00 Mio. EUR (unverändert)

10,37 Mio. EUR

2021

  8,00 Mio. EUR

  8,00 Mio. EUR (unverändert)*

10,03 Mio. EUR

2022

  7,65 Mio. EUR

  7,65 Mio. EUR (unverändert)**

  7,45 Mio. EUR

2023

12,35 Mio. EUR

12,35 Mio. EUR (unverändert)**

  2,71 Mio. EUR

2024

20,00 Mio. EUR

20,00 Mio. EUR (unverändert)***

  3,07 Mio. EUR

2025

18,50 Mio. EUR

18,50 Mio. EUR (unverändert)***

  0,76 Mio. EUR

 

66,50 Mio. EUR (58,6 %)****

66,50 Mio. EUR (73,7 %)

34,39 Mio. EUR (26,3 %)

2026

 

15,00 Mio. EUR***

  0,00 Mio. EUR

2027

 

0,00 Mio. EUR

12,99 Mio. EUR

 

66,50 Mio. EUR

81,50 Mio. EUR

47,38 Mio. EUR

 

 

 

 

Jahr

 

als Darlehen zur Liquiditätssicherung

 

2025

 

20,00 Mio. EUR

-

Gesamt

 

20,00 Mio. EUR

 

*       Zahlung im Jahresergebnis 2022 enthalten

 

**      Zahlung im Jahresergebnis 2023 enthalten

 

***    Zahlung im jeweiligen Jahresergebnis vorgesehen

 

****   anteilig der damaligen Ausgangsgröße des beihilfefähigen Betrages

 

 

Zusätzlich zu den Verlustausgleichen der Jahre 2025 und 2026 stellt die LHP der Gesellschaft im 1. Halbjahr 2025 zur Absicherung der Liquidität ein Darlehen in Höhe bis zu 20,00 Mio. EUR zur Verfügung, das spätestens zum 30.06.2025 in voller Höhe zur Verfügung steht und dessen Rückzahlung nach Maßgabe der wirtschaftlichen Verhältnisse der KEvB ab 2027, spätestens in 2028 erfolgt.

 

Da es die Liquiditätsentwicklung anhand einzelner Monatsbetrachtungen erforderlich machen kann sogenannte Liquiditätsspitzen z.B. aus Investitionen und Gehältern abzudecken, wird die LHP prüfen, ob und wie in den Haushaltsentwurf 2025 eine Aufwands-/Auszahlungsposition aufgenommen werden kann (ggf. 5 Mio. EUR), die eine kurzzeitige Darlehensgewährung ermöglicht, sofern die KEvB der LHP nachweist, dass eine andere Deckung der erforderlichen Liquidität, z.B. durch die Inanspruchnahme von vorhandenen Kreditlinien bei Kreditinstituten, nicht möglich ist. Dabei müsste zugleich für das Jahr 2025 eine Ertrags-/Einzahlungsposition in gleicher Höhe aufgenommen werden. Somit wäre dies haushaltsneutral für 2025 darstellbar.

 

Der bereits beschlossene maximale Verlustausgleich aus dem Betrauungsakt i.H.v. 18,50 Mio. EUR für 2025 wird am 01.01.2025 vollständig ausgezahlt. Hierbei handelt es sich um eine Zahlung in der sog. vorläufigen Haushaltsführung, die erst in 2025 und in der in der Mittelfristplanung vorgesehenen Höhe möglich wird.

 

Der maximale Verlustausgleich für 2026 i.H.v. 15,00 Mio. EUR ist zur Auszahlung per 01.01.2026 vorgesehen. Dieser Betrag für 2026 ist in der bisherigen und gültigen Mittelfristplanung (Doppelhaushalt 2023/2024) nicht enthalten.

 

Die finanzielle Notwendigkeit der Erhöhung der maximalen Obergrenzen des Verlustausgleichs ergibt sich aus den Wirtschaftsplanungen des KEvB und der der LHP vorgelegten aktuellen Liquiditätsplanung, die auch in der Fortschreibung im Wirtschaftsplan 2024 kein sofortiges Erreichen einer verlustfreien Geschäftstätigkeit erwarten lassen. Zwar hat das KEvB für 2024 das Erreichen des Leistungsvolumens des letzten Vorpandemiejahrs 2019 geplant – die aktuellen Leistungsauswertungen stützen diese Annahme, gleichwohl haben die Jahre seit Ausbruch der Pandemie zu vorher nicht absehbaren Kostensteigerungen geführt, verstärkt durch den Ukrainekrieg. Auch die Maßnahmen der öffentlichen Hand („Rettungsschirme“) konnten diese Kostensteigerungen nicht vollständig kompensieren.

 

Neben der Ertragslage ist auch die Liquidität der KEvB durch die oben genannten Einflussfaktoren erheblich beeinträchtigt. Die noch ausstehenden Budgetvereinbarungen der Jahre ab 2023, Prüfungen des Medizinischen Dienstes sowie des Finanzamtes bergen Risikopotential für die Liquidität. Der Wirtschaftsplan zeigt einen über Dezember 2024 hinausgehenden Liquiditätsbedarf, der durch ein Darlehen der LHP abgesichert werden kann. Dieses Darlehen kann unter den Annahmen des Wirtschaftsplans 2024 ab 2027, jedenfalls aber bis 2028 zurückgeführt werden.

 

Ein in 2023 erstelltes S6 Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Zuschüssen bzw. Liquiditätshilfen und der positiven Fortführungsprognose des KEvB bestätigt. Der vom KEvB aufgestellte Wirtschaftsplans 2024 sowie die sich daraus ableitende Liquiditätsplanung wurde durch eine weitere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im August 2024 einer Betrachtung unterzogen, die die Plausibilität der Planung bestätigt hat und feststellte, dass der zusätzliche Liquiditätsbedarf ausschließlich durch die Aufgabenerfüllung aus dem Betrauungsakt verursacht ist. Leistungen der KEvB außerhalb des Betrauungsaktes haben dagegen die Liquidität und den Ertrag unwesentlich verbessert.

 

Die angekündigten Maßnahmen des Bundesgesundheitsministeriums im Rahmen der Krankenhausreform könnten in den kommenden Jahren zu einer Ergebnisverbesserung führen.

 

Die Erhöhung der Ausgleichsleistungen über die ursprünglich beschlossenen Obergrenzen ist gemäß Artikel 2 Abs. 1 lit. b des DAWI-Freistellungsbeschlusses vom 20. Dezember 2011 für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse durch Krankenhäuser, die medizinische Versorgung leisten, gegebenenfalls einschließlich Notdiensten, zulässig. Eine Überschreitung des Schwellenwerts im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 lit. a des DAWI-Freistellungsbeschlusses in den Jahren 2026 und 2027 im Bereich der öffentlichen Daseinsfürsorge, die durch Krankenhäuser erbracht wird, ist nach Ziff. 11 der Erwägungen der Europäischen Kommission zum DAWI-Freistellungsbeschluss zulässig.

 

Im Weiteren besteht aus Sicht der LHP die Notwendigkeit (§ 96 Abs. 1 Ziff. 3 BbgKVerf), dass die LHP ab dem Haushaltsjahr 2027 keine zusätzlichen Darlehen und Zuschüsse an die KEvB auf Grundlage des Betrauungsaktes mehr leisten muss, um die Zahlungsfähigkeit der KEvB sicherzustellen. Die Geschäftsführung der KEvB muss daher bis zur Auszahlung des Darlehens der Gesellschafterin LHP ein realistisches und umsetzbares Sanierungskonzept vorlegen, dass den Weg zur Darlehens- und Zuschussfreiheit für die KEvB aufzeigt.

 

 

  1. Handlungsbedarf

 

Die KEvB wird wegen der aktuellen Verluste aus der Aufgabenerfüllung gemäß Betrauungsakt ohne Zuführung zusätzlicher Liquidität nicht in der Lage sein, die Aufgabenerfüllung gemäß Betrauungsakt finanziell sicher zu stellen sowie die dringenden Sanierungen durchzuführen. Um auch in den Jahren 2026 und 2027 die Aufgabenerfüllung trotz der absehbaren – wenn auch stetig sinkenden – Verluste zu gewährleisten, bedarf es der Zuschüsse und des Darlehens.

 

Der Beschluss der SVV ist nach Art. 7 des DAWI-Freistellungsbeschlusses auf ortsübliche Weise zu veröffentlichen („Artikel 7 – Transparenz - Bei Ausgleichsleistungen von mehr als 15 Mio. EUR, die einem Unternehmen gewährt werden, das außerhalb des Anwendungsbereichs der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse noch andere Tätigkeiten ausübt, muss der betreffende Mitgliedstaat die folgenden Informationen im Internet oder in sonstiger geeigneter Weise veröffentlichen:

a) den Betrauungsakt oder eine Zusammenfassung, die die in Artikel 4 genannten Angaben enthält;

b) den jährlichen Beihilfebetrag für das betreffende Unternehmen.)

 

 

 

  1. Rechtsgrundlagen

 

- Beschluss der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (DAWI-Freistellungsbeschlusses) insbesondere Artikel 2 (Anwendungsbereich) Abs. 1 zur Höhe (a)) und Begünstigtem (b))

 

- Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (Brandenburgische Kommunalverfassung - BbgKVerf) vom 5. März 2024 insbesondere § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zum Verlustausgleich unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit

 

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Anlagen

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