Neue Fassung - 24/SVV/1080-01
Grunddaten
- Betreff:
-
Finanzierung der Wärmewende in Potsdam
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Neue Fassung
- Federführend:
- Fraktion DIE aNDERE
- Einreicher*:
- Fraktion DIE aNDERE und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Volt - Die Partei
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Geplant
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Entscheidung
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06.11.2024
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04.12.2024
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Bereit
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Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft
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Vorberatung
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20.11.2024
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Geplant
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Hauptausschuss
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Vorberatung
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27.11.2024
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Beschlussvorschlag
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in seiner Funktion als Hauptverwaltungsbeamter und als Gesellschaftervertreter der Stadtwerke Potsdam GmbH (SWP), die Unternehmensführung der Tochtergesellschaft Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP), so zu unterstützen, dass die Strom- und Wärmeerzeugung der EWP auf dem Stadtgebiet der Landeshauptstadt Potsdam bis 2035 fossilfrei gestaltet werden kann (siehe Beschluss 23/SVV/1392-01).
Diese Unterstützung soll entweder erfolgen
- durch die temporäre Nichtausschüttung von Gewinnen (Thesaurierung) der EWP,
- durch eine Erhöhung des Eigenkapitals der EWP durch die SWP
- oder/und durch die Unterstützung einer Kreditaufnahme.
Soweit erforderlich sichert die Stadt die Finanzierung durch z.B. eine der folgenden Varianten ab:
- Nutzung der städtischen Finanzrücklage
- Gewährung einer Bürgschaft
- Aufnahme eines Kommunalkredits zugunsten der SWP
Die Stadtverordnetenversammlung ist im Dezember 2024 über die gewählte Finanzierungsvariante und die eingeleiteten Schritte zu unterrichten.
Erläuterung
Zusammen mit weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren machen wir uns Sorgen um eine sichere Energieversorgung, die Wärmewende in Potsdam sowie um die Einhaltung der selbstgestellten Klimaziele der Landeshauptstadt Potsdam.
In der Ds 24/SVV/0461 formulierte der Oberbürgermeister: „Das bestehende zentrale Erzeugerportfolio zur Wärmeversorgung der Landeshauptstadt Potsdam ist in seiner jetzigen Form nicht mehr zukunftsfähig und muss stufenweise bis 2035 abgelöst werden. Dieses Erfordernis ergibt sich unabhängig von den gesetzlichen Forderungen zur Klimaneutralität aufgrund der auslaufenden technischen Nutzungsdauer der derzeit eingesetzten Erzeugungskomponenten. Weiterhin sind emissionsschutzrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen, welche den Weiterbetrieb einschränken.
Die EWP hat in der 64. Aufsichtsratssitzung (29.02.24) ein Konzept (bestehend aus mehreren Einzel-Projekten) zum Umbau des Erzeugerportfolios vorgelegt, dass dem gesetzlich festgelegten Transformationspfad (Klimaneutralität bis 2045), den Vorgaben des Wärmeplanungsgesetzes sowie den Zielen des gefassten SVV-Beschlusses 23/SVV/1392-01 „fossilfreie Strom- und Wärmeerzeugung bis 2035“ Rechnung trägt. Insgesamt enthält das Konzept zehn Einzel-Projekte. Vier Einzel-Projekte sind bereits vom Aufsichtsrat freigeben, sie sind in der aktuellen Wirtschaftsplanung der EWP enthalten. Für fünf weitere Einzel-Projekte hat der Aufsichtsrat die notwendigen Vorlaufaktivitäten zur Konzeptumsetzung freigegeben. Die Umsetzung der Einzelvorhaben steht unter dem Vorbehalt des Nachweises der Finanzierung der Einzel-Projekte und der erfolgreichen Einwerbung von Fördermitteln.“
Die vom Bund vorgegebenen Ziele 95% Treibhausgaseinsparung und 50% Endenergieeinsparung 1990-2050 sind als Ziele mit den vorangegangenen Masterplanbeschlüssen anerkannt. Seitens der Gutachter wurden lokalspezifische technisch und wirtschaftlich machbare Einsparpotentiale geschätzt: ihrer Einschätzung nach kann Potsdam im Zeitraum 1990-2050 Einsparungen von ca. 90% seiner Treibhausgasemissionen und etwa 35% der Endenergie erreichen. Beide Ziele sind absolut, also unabhängig von der Einwohnerentwicklung der LHP. Bei einer bislang stark wachsenden Stadt wie Potsdam sind diese Ziele noch einmal deutlich ambitionierter als für andere Städte, deren Wachstum stagniert oder gar rückläufig ist. Die Verpflichtungen, die sich aus der Mitgliedschaft im Klimabündnis ergeben – sind: die Reduktion der Pro-Kopf-Emissionen alle 5 Jahre um 10% und als langfristiges Ziel 2,5 t CO2 pro Einwohner und Jahr als untere Zielkorridorgrenze. Dieser Zielwert entspricht – einwohnerbereinigt – ca. einer 80%igen Reduktion im Vergleich zu 1990 und somit den unteren Bundeszielen.
Damit diese Klimaschutzziele erreicht werden können, hat die SVV im Januar 2024 die Dekarbonisierung der EWP beschlossen. Damit wurde der Oberbürgermeister verpflichtet, die Strom- und Wärmeversorgung im Stadtgebiet „bis 2035 sozialverträglich fossilfrei“ zu gestalten.
Um den damit verbundenen, hohen Investitionsaufwand abzusichern und die bereitstehenden Fördermittel des Bundes zu nutzen, sind schnelle Entscheidungen notwendig. Verschiedene Finanzoptionen sind denkbar - und mit Vor- und Nachteilen verbunden: Eigenkapitalerhöhung durch die beiden Gesellschafter oder durch Kreditaufnahme, durch Bürgschaften oder Darlehen seitens der Stadt, oder durch die temporäre Thesaurierung, also durch zeitweiligen Verzicht auf Ausschüttung der Gewinne.
Mit einer Verschiebung der Ziele zur Wärmewende riskiert die Stadt die technische Versorgungssicherheit und die Sicherung einer bezahlbaren und zukunftssicheren Wärmeversorgung für die Potsdamer Bürger*innen und Gewerbetreibenden. Ohne finanzielle Absicherung des hohen Investitionsaufkommens nimmt die Stadt wissentlich in Kauf:
- dass auf Mieter*innen steigende Nebenkosten zukommen und notwendige Investitionen auf die Wohnungswirtschaft abgewälzt werden,
- dass die eigenen Klimaziele somit nicht sozialverträglich erreicht werden können und
- dass der Stadtwerkeverbund in finanzielle Schieflage gerät.
Lediglich Landes- oder Bundesbürgschaften könnten dabei Abhilfe schaffen. Diese sind aber nicht in Sicht. Die Verantwortung liegt allein bei der Stadt.
Ein Verkauf von Anteilen an der EWP oder anderen städtischen Betrieben sollte unbedingt vermieden werden, da sonst die Entscheidungshoheit der Stadt gemindert wird. Die Landeshauptstadt hat über die Jahre Finanzrücklagen von weit über 200 Mio. € gebildet. Diese sind nun zu nutzen. Die Wirtschaftlichkeit der umzusetzenden energetischen Maßnahmen sichert die Refinanzierung und die spätere Gewinnausschüttung ab.