Beschlussvorlage - 09/SVV/0495

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Erste Änderungsvereinbarung zum Verkehrsleistungs- und -finanzierungsvertrag zwischen der Landeshauptstadt Potsdam und der ViP Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH (Anlage 1) sowie

 

Vereinbarung zur Bereitstellung der finanziellen Mittel zur Finanzierung der üÖPNV-Leistungen der ViP Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH in Potsdam für die Jahre 2010 bis 2019 zwischen der Landeshauptstadt Potsdam und der Stadtwerke Potsdam GmbH (Anlage 2).

 

 

 

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Erläuterung

Sachverhalt:

 

Die Landeshauptstadt Potsdam ist über die Stadtwerke Potsdam GmbH alleinige Anteilseignerin der ViP Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH. Zwischen der Stadtwerke Potsdam GmbH und der ViP Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH besteht ein Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrag. Die ViP ist für das Bediengebiet der Landeshauptstadt Potsdam das zuständige Verkehrsunternehmen.

 

Auf der Grundlage des Verkehrsleistungs- und -finanzierungsvertrages (VLFV) vom 29.04.2005 ist die ViP von der Landeshauptstadt Potsdam (LHP) mit der Durchführung des ÖPNV betraut worden; der Vertrag hat eine Laufzeit von 5 Jahren (2005 – 2009), nachdem zuvor lediglich eine jeweils auf ein Jahr bezogene Bezuschussung erfolgt ist. Beim Abschluss des Vertrages war die damals neue Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu beachten (sog. Altmark-Trans-Urteil des EuGH vom 24.07.2003), die vier Voraussetzungen formulierte, unter denen Ausgleichszahlungen an ein Verkehrsunternehmen mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft vereinbar sind. Eines der vier Kriterien des EuGH war, dass die Aufwendungen des Verkehrsunternehmens, hier der ViP, den Kostenmaßstab eines „durchschnittlichen, gut geführten“ Verkehrsunternehmens nicht überschreiten dürfen. In diesem Zusammenhang ist in den Jahren 2004/2005 die Kostenstruktur der ViP eingehend untersucht worden mit dem Ergebnis, dass eine umfangreiche Restrukturierung erfolgte und der Zuschussbedarf im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gesenkt werden konnte (rd. 3 Mio. Euro verringerter Zuschussbedarf im Jahresdurchschnitt, s.u.) – ohne dass damit eine Verringerung des Leistungsumfanges der ViP verbunden war. Diese Maßnahme hat Eingang in das Haushaltssicherungskonzept der LHP gefunden.

 

Der bestehende Vertrag hat eine Laufzeit bis einschließlich 2009. Die Vertragsparteien haben sich verpflichtet, ein Jahr vor Ablauf dieses Vertrages mit den Verhandlungen zum Abschluss eines Anschlussvertrages zu beginnen.

 

 

Gesetzliche Rahmenbedingungen

 

Zwischenzeitlich haben sich die europarechtlichen Rahmenbedingungen nochmals geändert. Die bisherige EU-VO 1191/69 wurde durch die EU-VO 1370/2007 abgelöst. Diese neue EU-Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste tritt am 3. Dezember 2009 in Kraft und gilt unmittelbar. Bis zu diesem Zeitpunkt finden die Vorgänger-VO 1191/69 und die daraufhin ergangene Rechtsprechung, insbesondere das Altmark-Trans-Urteil des EuGH, Anwendung.

 

Für die Zeit ab dem 3. Dezember 2009 gilt der neue Rechtsrahmen mit der Möglichkeit der Direktvergabe an einen „internen Betreiber“ (Art. 5 Abs. 2 VO 1370/2007). Des Weiteren gelten Übergangsvorschriften (Art. 8 VO 1370/2007), wonach öffentliche Dienstleistungsaufträge, die ab dem 26.07.2000 und vor dem 03.12.2009 nicht in einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren vergeben worden sind, für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben („Bestandsdienstleistungsauftrag“). Hierbei ist die Laufzeit auf 10 Jahre bei Busverkehrsdiensten bzw. 15 Jahren bei schienengestützten Verkehrsdiensten begrenzt.

 

Nach eingehender rechtlicher Überprüfung durch die für Fragen des ÖPNV-Rechts spezialisierte „PWC Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft“ ist es offen, ob eine Direktvergabe nach der neuen VO 1370/2007 oder ein sogenannter Bestandsdienstleistungsauftrag die optimale Gestaltung für eine (weitere) Sicherstellung der Leistungserbringung durch die ViP ist. Aus diesem Grund haben sich die Vertragspartner entschieden, der Stadtverordnetenversammlung zu empfehlen, den VLFV so zu gestalten, dass er als Bestandsdienstleistungsauftrag im Sinne von Art. 8 Abs. 3 VO 1370/2007 angesehen werden kann und für eine Laufzeit bis 2014, ggf. bis 2019, vorgesehen ist. Diese Laufzeitregelung müsste dann noch vor dem 03.12.2009 (= Inkrafttreten der neuen VO 1370/2007) umgesetzt (= wirksam) werden.

 

Vorgeschlagen wird nach alledem und auf Grund des überwiegenden schienengebundenen Verkehrs (72% der Beförderungsfälle) eine Laufzeit von grundsätzlich 15 Jahren (2005 – 2019), jedoch erfolgt eine Beendigung des Vertragsverhältnisses nach 10 Jahren (31.12.2014), wenn die Vertragspartner nicht bis zum 30.09.2014 die Finanzierung für den Zeitraum 2015 bis 2019 geklärt und schriftlich vereinbart haben.

 

Fraglich ist, ob und inwieweit das 4. Kriterium des EuGH-Urteils auch zukünftig zu beachten ist. Der Kostenmaßstab „durchschnittlich, gut geführt“ findet im Anhang der VO 1370/2007 (Regeln zur Gewährung von Ausgleichsleistungen) zwar keine Erwähnung mehr, es wird aber die Auffassung vertreten, dass das 4. Kriterium zumindest für Bestandsdienstleistungsaufträge weiter einzuhalten ist.

 

Auf Grund dessen hat die Definition der Ausgleichskosten mit dem 4. Kriterium Eingang in § 2 Abs. 2 des VLFV gefunden.

 

Die letzte diesbezügliche Bewertung der ViP erfolgte im 2. Halbjahr 2007. In § 3 Abs. 1 des VLFV wurde die Notwendigkeit der Überprüfung des Maßstabes „durchschnittlich, gut geführt“ im Rahmen der jährlichen Bewertung des Jahresabschlusses aufgenommen.

 

 

Förderung des ÖPNV durch Landesgesetzgebung

 

Mit Inkrafttreten des Zweiten und Dritten Gesetzes zur Änderung des ÖPNV-Gesetzes (ÖPNVG) zum 1. Januar 2005 bzw. zum 1. Januar 2007 wurden im Land Brandenburg insbesondere

 

·         neue Regelungen zur Finanzierung des „übrigen öffentlichen Personennahverkehrs“ (üÖPNV) wirksam,

·         die Finanzierung des Ausbildungsverkehrs (ehemals § 45 a Personenbeförderungsgesetz –PBefG, also Bundesrecht) in Landesrecht überführt,

·         der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe definiert,

·         alternative Bedienformen (Verkehre mit Anruftaxis oder Rufbussen) gefördert.

 

Mit der Neufassung des § 10 ÖPNVG wird seither die Zuweisung der Fördermittel des Landes für den üÖPNV gebündelt. Die bisherigen Zuwendungen des Landes aus verschiedenen Quellen, zu verschiedenen Zwecken und an unterschiedliche Empfänger (kommunale Aufgabenträger wie Unternehmen) werden seit dem Jahr 2005 (46 Mio. Euro p.a. im Land Brandenburg) direkt zweckgebunden an die kommunalen Aufgabenträger gereicht, die in ihrer Verantwortung über die Weiterreichung entscheiden. Ab dem Jahr 2008 trifft dies ebenfalls für die Mittel des Ausbildungsverkehrs (37 Mio. Euro p.a.) zu.

 

Ziel der Gesetzesinitiative war es auch, im Hinblick auf die sog. Altmark-Trans-Entscheidung des EuGH Voraussetzungen für eine wettbewerbskonforme ÖPNV-Finanzierung zu schaffen.

 

 

 

 

 

Fortführung der Bestellung und Finanzierung mittels Bestandsdienstleistungsauftrag

 

Mit der Umstellung von der pauschalen Defizitabdeckung bei der ViP 2005 auf den Abschluss eines Verkehrsleistungs- und -finanzierungsvertrages wurde erreicht:

 

·         das im öffentlichen Interesse für erforderlich erachtete Verkehrsangebot in der Landeshauptstadt Potsdam sicherzustellen und aktiv zu steuern (Leistungs- und Qualitätscontrolling),

·         die vier EuGH-Kriterien einzuhalten,

·         die Restrukturierung der ViP abzusichern,

·         Planungs- und Rechtssicherheit für die Landeshauptstadt Potsdam und die ViP zu schaffen und

·         den Fahrgästen für die Laufzeit des Vertrages das beauftragte Verkehrssystem zu bieten.

 

 

Zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsabschlusses im Jahr 2005 nahm man für die Jahre 2008 und 2009 eine Finanzierungslücke in Höhe von 3.270 TEUR an. Diese Lücke konnte im weiteren Verlauf des Vertrages im Wesentlichen durch eine Ergebnisverbesserung der ViP sowie durch die Besserstellung des Aufgabenträgers im Rahmen der Neuregelung der Finanzierung des Ausbildungsverkehrs geschlossen werden. Damit haben sich die ursprünglichen Annahmen für den Zeitraum 2005 bis 2009, die unter anderem von einem originären städtischen Zuschuss von 5 Mio. € p.a., später 4,5 Mio. € p.a. ausgingen, im Ergebnis als zutreffend erwiesen.

 

Die ViP hat in den zurückliegenden Jahren folgende Finanzierung über den VLFV erhalten:

 

 

 

 

Im Jahresdurchschnitt ergab dies einen Ausgleichsbedarf von rd. 15,6 Mio. Euro gegenüber rd. 18,6 Mio. Euro für den Zeitraum 2001 bis 2004. Dieses Ergebnis im Zeitraum des ersten Verkehrsleistungs- und –finanzierungsvertrages wurde unter Beachtung der vier Kriterien des Altmark-Trans-Urteils und durch die erfolgreiche Umsetzung des in 2004 beschlossenen Restrukturierungsplanes bei gleichzeitiger Leistungserhöhung erreicht.

 

 

Wesentliche Inhalte der ersten Änderungsvereinbarung zum VLFV

 

Zu ändern bzw. zu ergänzen sind:

 

  • der Gesamtfinanzierungsrahmen für die Jahre 2010 bis 2014 bei gleichzeitiger Definition der Ausgleichskosten sowie der Festlegung eines Betrachtungszeitraumes von 4 Jahren bei einer möglicherweise auftretenden Überkompensation,
  • die Ergänzung der Qualitätsvereinbarung durch ein Anreizsystem zur Sicherung der Qualitätsstandards,
  • die Festlegung von Parametern zum Einsatz von Subunternehmern,
  • die Vertragsdauer, längstens bis einschließlich 2019, jedoch nur bis 2014, wenn es zu keiner schriftlichen Einigung der Finanzierung ab 2015 kommt,
  • Erforderlichkeit der Vertragsanpassung für den Fall der Aufnahme einer interkommunalen Zusammenarbeit.

 

Gemäß § 2 des Vertrages wird sich der jährliche Gesamtzuschuss wie folgt entwickeln:

 

 

Jahr

2009

2010

2011

2012

2013

2014

TEUR

17.207

18.534

18.664

18.598

19.079

18.934

 

 

Im Durchschnitt dieser Jahre ergibt sich demnach ein Zuschussbedarf von 18,5 Mio. Euro p.a. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass auf Grund der Neuordnung der Finanzierung im Land Brandenburg die Ausgleichszahlung für den Ausbildungsverkehr ab dem Jahr 2010 nicht mehr als Ertrag durch das Verkehrsunternehmen direkt, sondern als Zuschuss (1,8 Mio. Euro p.a.) über die LHP als Aufgabenträger vereinnahmt wird; effektiv resultiert hieraus keine Zuschusserhöhung, so dass effektiv eine Erhöhung des Zuschussbedarfs im Jahresdurchschnitt auf rd. 17 Mio. Euro p.a. festzustellen ist. Unter Berücksichtigung einer allgemeinen Preissteigerung für Energie und Dienstleistungen sowie einer Erhöhung der Personalkosten entspricht dies im Vergleich zum Vertragszeitraum 2005 – 2008 einer verträglichen Steigerung, die den jahresdurchschnittlichen Zuschussbedarf sogar noch unter dem der Jahre 2001 – 2004 belässt (s.o.).

 

 

Finanzielle Auswirkungen

 

Die vorliegende Vereinbarung zur Bereitstellung der finanziellen Mittel zur Finanzierung der üÖPNV–Leistungen der ViP in Potsdam für die Jahre 2010 bis 2019 sichert die Finanzierung der betrauten Verkehrsleistung zunächst bis 2014.

 

Mit dem ersten VLFV und der Vereinbarung zu seiner Finanzierung war beabsichtigt, diese in stärkerem Maße über die Stadtwerke Potsdam GmbH abzuwickeln. Damit wird ein Hauptziel der Errichtung des Stadtwerkeverbundes, nämlich durch die Bildung eines steuerlichen Querverbundes eine Reduzierung des städtischen ÖPNV-Zuschusses zu erreichen, umgesetzt. Dies ist insbesondere auf Grund der Entwicklung des Energiesektors nicht in dem Maße, wie geplant, gelungen.

 

Die Finanzierung soll demnach wie folgt vertraglich vereinbart werden:

 

 

Damit ist der Zuschussbedarf für die Jahre 2010 bis 2012 vollständig ausfinanziert. Die Deckung der aus heutiger Sicht möglicherweise in den Jahren 2013 und 2014 eintretenden Finanzierungslücke in Höhe von insgesamt 3.268 Mio. Euro (entspricht 3,5% des vertraglichen Gesamtzuschussbedarfes) soll gemäß § 1 Abs. 2 der Vereinbarung zur Bereitstellung der finanziellen Mittel zur Finanzierung der üÖPNV-Leistungen bis spätestens zum 30.06.2012 einvernehmlich geklärt und geregelt werden, sofern hierfür nach den dann vorliegenden Erkenntnissen noch ein Bedürfnis besteht.

 

Die Vertragspartner gehen davon aus, dass sich der Gesamtzuschussbedarf ab dem Jahr 2013 durch die Aufnahme einer Interkommunalen Zusammenarbeit reduzieren wird.

 

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Fazit finanzielle Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen:

 

Siehe dazu § 2 Abs. 3 der ersten Änderungsvereinbarung zum Verkehrsleistungs- und -finanzierungsvertrag und § 1 Abs.1 der Vereinbarung zur Bereitstellung der finanziellen Mittel zur Finanzierung der üÖPNV-Leistungen der ViP Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH in Potsdam 2010 bis 2019.

 

Im Haushalt der LHP sind folgende Produktkonten relevant:

                                                                                                                   

Ertrag:                 5470002 4141000 Zuweisung für laufende Zwecke vom Land                  jährlich 4.800.000 Euro

 

Aufwand:                 5470002 5315000 Zuschüsse für laufende Zwecke an verbundene Unternehmen

                                  jährlich 4.800.000 Euro

 

5470003 5315000 Zuschüsse für laufende Zwecke an verbundene Unternehmen

                                  jährlich 4.500.000 Euro

 

Der ÖPNV-Betriebskostenzuschuss war und ist Gegenstand im Haushaltssicherungskonzept der LHP (A 03).

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Anlagen

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