Beschlussvorlage - 10/SVV/0014
Grunddaten
- Betreff:
-
Sanierungsgebiet "Potsdamer Mitte", Durchführung kombinierten Investoren-/ Architektenwettbewerbes für die städtischen Grundstücke Humboldtstraße 1 und 2 und Aufhebung der DS 09/SVV/0191
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- FB Stadterneuerung und Denkmalpflege
- Einreicher*:
- Oberbürgermeister, FB Stadterneuerung und Denkmalpflege
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Unterbrochen
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Entscheidung
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27.01.2010
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01.09.2010
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Erledigt
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Ausschuss für Stadtplanung und Bauen
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Vorberatung
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09.02.2010
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08.06.2010
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22.06.2010
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Beschlussvorschlag
Die
Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, für die Grundstücke Humboldtstraße 1 und 2 an der Alten Fahrt auf der Grundlage eines integrierten Leitbautenkonzeptes einen kombinierten Investoren-/ Architektenwettbewerb mit präzisen Vorgaben zur Nutzung und Gestaltung durchzuführen.
- Gleichzeitig wird der Beschluss
DS 09/SVV/0191 aufgehoben.
Erläuterung
Begründung:
1.
Ausgangslage
Die Stadtverordnetenversammlung hat unter DS 09/SVV/0191
beschlossen, für den sogenannten Brückenkopf des Baufeldes Havelufer
(Humboldtstraße 1 und 2) einen offenen zweistufigen Architektenwettbewerb nach
§ 3 (1) + (3) der Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2008) durchzuführen
und mit dem Ergebnis in das Investorenauswahlverfahren zu gehen. Ziel ist, dass
der ausgewählte Investor den Wettbewerbsgewinner mind. mit der Lph 3 – 4 § 15
HOAI und mit der künstlerischen Oberleitung gem. Lph 8 § 15 HOAI beauftragt.
2.
Risiken
Mit dieser Vorgehensweise sind folgende Risiken verbunden:
a)
Es
besteht die Möglichkeit, dass der ausgewählte Investor auf Basis des
Kopplungsverbots gem. Art. 10 § 3 MRVG (Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts
und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Architekten- und
Ingenieurleistungen) den Architektenvertrag bei Fortbestand des
Grundstückskaufvertrages kündigt. Dem kann teilweise gegengesteuert werden,
wenn der Kaufvertrag erst mit Baugenehmigung inkl. Bauverpflichtung
abgeschlossen wird. Trotzdem ist es möglich, dass der Investor die
Bauverpflichtung mit Hinweis auf das Kopplungsverbot nicht erfüllt und mit
einem anderen Architekten einen Bebauungsplan-konformen Bauantrag einreicht.
b) Generell ist der dem Investorenauswahlverfahren vorgeschaltete Architektenwettbewerb mit dem Problem behaftet, dass erst der Investor die, für die gewünschte Nutzung erforderlichen konkreten Vorgaben für die Architekten nach seiner wirtschaftlichen Kalkulation machen kann. Macht die Stadt diese Vorgaben, besteht die Gefahr, dass sich keine Investoren finden bzw. erhebliche Änderungen am prämierten Entwurf gefordert werden, was den vorlaufenden Architektenwettbewerb dann entwertet. Wegen des erheblichen Verkehrslärms am Fuß der Langen Brücke ist eine reine Wohnnutzung ausgeschlossen. Mir einer gewerblichen Nutzung von Büro über Einzelhandel/Gastronomie bis Boarding-Haus bzw. einem kleinen, privat betriebenen Stadthotel oder einer öffentlichen Nutzung ist ein breites Nutzungsspektrum möglich und kann zu sehr unterschiedlichen Aufgabenstellungen führen.
3.
Darstellung und Bewertung von Verfahrensalternativen
Mit Unterstützung des Büros ProStadt hat die Verwaltung die folgenden Verfahrensalternativen erarbeitet, mit dem Verfahren gemäß DS 09/SVV/0191 verglichen und das Ergebnis dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen am 15.12.2009 vorgestellt:
Risiken Verfahrens-vorschlag |
rechtliche Risiken
für Auslober |
finanzielle Risiken für Auslober |
zeitliche Risiken für Auslober |
wirtschaftliche Risiken Investor |
politische Risiken |
1.
vorlaufender Architektenwettbewerb |
Art. 10 § 3 MRVG
(Kopplungsverbot) |
Kosten des Architekten-wettbewerbs |
Investorenaus-wahl erst nach Architekten-wettbewerb |
Kann dazu führen, dass kein Investoren-interesse besteht |
keine |
2. Grundstücksverkauf
mit Baugenehmigung |
keine |
Kosten des Architekten-wettbewerbs und der Planung Lph 2 – 4 HOAI |
scheitert Investorenfindung, muss neues Verfahren anlaufen |
fehlender Einfluss auf Planung schreckt Investoren ab |
keine |
3.
vorlaufender Ideen- und Gestaltungswettbewerb |
keine, ggf.
Urheber-rechtsfragen |
Kosten des Wettbewerbs |
Wettbewerb muss vor Investorenaus-wahlverfahren abgeschlossen sein |
Vorgaben können Investoren abschrecken bzw. führen zur
Kaufpreis-minderung |
Änderung DS 09/SVV/0191 |
4.
nachlaufender Architektenwettbewerb |
Kollision mit
EU-Vergaberecht |
keine, bzw. finanzielle Beteiligung an Wettbewerbskosten |
Ausgewählter Investor kann abspringen, dann neues Verfahren |
Unerwünschte Juryentscheidung im Architekten-wettbewerb |
Änderung DS 09/SVV/0191 |
5.
kombinierter Investoren-Architektenwettbewerb |
keine |
keine |
keine |
höherer Aufwand für Angebotser-stellung |
Beschluss-änderung und Nichtzustim-mung zum Ergebnis |
Erläuterung der Alternativen:
3.1 Vergabe des Grundstücks mit Baugenehmigung
Das Kopplungsverbotsrisiko beim
vorlaufenden Architektenwettbewerb kann vermieden werden, wenn die Stadt – z.B.
vertreten durch den Sanierungsträger – die Baugenehmigung durch
Zwischenbeauftragung des Wettbewerbsgewinners erwirkt und das Grundstück mit
Baugenehmigung verkauft wird, allerdings mit dem Risiko, dass sich kein
Investor dafür finden lässt.
3.2 Vorlaufender Wettbewerb zur Definition der gestalterischen
Vorgaben für ein kombiniertes Investoren- /Architektenauswahlverfahren
Der
2-stufige Wettbewerb wird dazu genutzt, konkrete Lösungsvorschläge für
Fassadengestaltung, Stellplatzunterbringung etc. zu erhalten, die dann als
Vorgaben in das kombinierte Verfahren einfließen können. Darüber hinaus kann
den Investoren freigestellt werden, die (den) prämierten Architekten in ihr
Angebotsteam aufzunehmen.
Der Realisierungswettbewerb wird dann zu einem
Ideenwettbewerb. Die teilnehmenden Architekten müssen sich dabei verpflichten,
dem Auslober an ihren Beiträgen ein einfaches Nutzungsrecht nach § 31
Urheberrechtsgesetz einzuräumen, das dieser an den späteren Investor übertragen
kann.
3.3 Nachlaufender Architekturwettbewerb
Der politisch gewünschte Architektenwettbewerb könnte nach
dem Investorenauswahlverfahren erfolgen. Allerdings ist dem Investor kein
zweistufiger offener Architektenwettbewerb zumutbar sondern ein nichtoffenes
Verfahren (§ 3 Abs. 2 RPW 08) oder ein kooperatives Verfahren (§ 3 Abs. 4 RPW
08) mit dem Investor als Auslober. Die Stadt könnte z.B. die 1. Stufe
(Präqualifikation) durchführen und mind. 3 bis max. 5 Büros auswählen. Der
ausgewählte Investor kann dann 2 – 4 Architekten seiner Wahl benennen. Die 2.
Stufe des Wettbewerbs würde dann mit mind. 5, max. 9 Architektenbüros auf
Grundlage des Nutzungskonzepts des Investors durchgeführt. Nach
Jury-Entscheidung erhält der Investor eine Anhandgabe des Grundstücks, um auf
der Grundlage des Wettbewerbsergebnisses einen Bauantrag einzureichen.
Der Kaufvertrag mit Bauverpflichtung
würde dann erst mit vorliegender Baugenehmigung abgeschlossen werden. Dieses
Verfahren kollidiert mit dem europäischen Vergaberecht zur Vergabe einer
Baukonzession bei einer Investitionssumme von mehr als 5,2 Mio. € (ohne
Grundstückskosten), bei der mit Erteilung eines Zuschlags für einen Investor
der verbindliche Abschluss des Konzessionsvertrages (hier identisch mit dem
Kaufvertrag) erforderlich ist.
Darüber hinaus besteht ein zeitliches Risiko, wenn der ausgewählte
Investor vor Kaufvertragsabschluss abspringt, weil dann das
Investorenauswahlverfahren und der Architektenwettbewerb wiederholt werden
müssen.
3.4 Kombinierter
Investoren-Architektenwettbewerb
Über bindende Vorgaben aus der
Leitbautenuntersuchung und der Nutzungsstrukturanalyse können gewünschte
Nutzungs- und Gestaltungsqualitäten gesteuert werden. Über die Verhandlungen
mit den Bietern in der engeren Wahl können Nachjustierungen vor Abgabe des
endgültigen Angebots erfolgen, um einen hochbaulichen Entwurf zu erhalten, der
weitgehend den Vorgaben entspricht und vom Investor akzeptiert wird. Die
rechtlichen Risiken bestehen dann nicht mehr, aber ein Restrisiko bei der
Gestaltung und Qualität des Gebäudes bleibt.
Trotz des höheren Aufwandes für die Angebotserstellung ergibt der
weitgehende Ausschluss von rechtlichen, finanziellen und zeitlichen Risiken,
dass diese Variante am besten für das weitere Verfahren geeignet ist
4. Empfehlung/ Vorzugsvariante
Der Variantenvergleich ergibt, die Grundstücke Humboldtstraße 1 und 2 in
einem kombinierten Investoren-/Architektenwettbewerb zu qualifizieren und über
präzise und abgestimmte Vorgaben zu Architektur und Nutzung das Verfahren im
Sinne der gewünschten Qualität zu steuern.
Für die Grundstücke Humboldtstraße 1 und 2 soll ein
kombinierter Investoren-/Architektenwettbewerb gem. Variante 3.4 mit präzisen
Vorgaben zu Nutzung und Gestaltung durchgeführt werden.
Daher wird empfohlen, den Beschluss
DS 09/SVV/0191 aufzuheben.