Antrag - 11/SVV/0492

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen

 

Bei den zu treffenden Entscheidungen über die zukünftige Führung und Gesellschafterstruktur der EWP soll die Möglichkeit einer Beteiligung von Bürgern an der Gesellschaft geschaffen werden.

 

Dabei sollen folgende Eckpunkte geprüft werden:

-                      Ob die Möglichkeit zur Beteiligung der Bürger an einer Bürgerbeteiligungs­gesellschaft besteht, die ihrerseits Anteile an der EWP erwirbt. Die Rechtsform der Bürgerbeteiligungsgesellschaft sollte z.B. eine Genossenschaft sein.

-                      Ob die Bürgerbeteiligungsgesellschaft Miteigentümer bei der EWP wird – vorerst in Höhe von 35% des Stammkapitals, wobei der Wert vorab von einem unabhängigem Wirtschaftsprüfer zu ermittelt ist. Dabei wäre das neu eingebrachte Stammkapital nicht als Kaufpreis sondern als Kapitalerhöhung zu verstehen, wobei hier zu prüfen ist, ob die Minderheitsbeteiligung der EON.Edis zurückgekauft werden kann und als Stammkapital der Bürgerbeteiligungsgesellschaft zur Verfügung steht oder aber der bestehende Gesellschaftervertrag um eine 35%-tige Kapitalerhöhung durch die Bürgerbeteiligungsgesellschaft der Vorzug gegeben wird.

-                      Anteile an der Bürgerbeteiligungsgesellschaft können natürliche Personen erwerben, die Strom-, Gas- und/oder Fernwärme-Kunden der EWP sind. Weiterhin soll geprüft werden, welche Möglichkeiten es für die Beteiligung von Umlandgemeinden gibt, die Konzessionen an die EWP vergeben.

-                      Die Bürgerbeteiligungsgesellschaft mit möglichst geringer Beteiligungshöhe soll eine breite Streuung der Anteile ohne Dominanz von „Großinvestoren“ haben. Ein Anteil an der Genossenschaft soll einen Wert von 500 Euro haben (=Mindesteinlage). Eine Begrenzung der Einlagen nach oben soll auf max. 20 Anteilen pro Genosse (10.000 €) begrenzt werden. Für Umlandgemeinden sind ggf. Sonderregelungen zu erarbeiten.

-                      Wenn die Bürgerbeteiligungsgesellschaft einen Anteil von mindestens 5 % an der EWP erreicht hat, soll sie einen Sitz im Aufsichtsrat der EWP erhalten.

-                      Die Stadt Potsdam bzw. die von ihr beherrschte Holding Stadtwerke Potsdam GmbH bleiben Mehrheitseigner der EWP und geben nicht in höherem Maße Anteile an die Bürgerbeteiligungsgesellschaft ab, als die anderen Gesellschafter der EWP. Die Minderheitenrechte der privaten Mitgesellschafter sollen auch bei einer Verringerung ihrer Anteile erhalten bleiben.

 

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Erläuterung

Begründung:

Angesichts der großen Herausforderungen im lokalen, regionalen und europaweiten Energiesektor ist der umgehende Einstieg der EWP in eine Energieversorgung der Zukunft das Gebot der Stunde. Zur Entwicklung einer nachhaltigen Energieversorgung für die Landeshauptstadt Potsdam ist ein ganzheitlicher Transformationsprozess erforderlich.

Damit steht auch die EWP vor großen Veränderungen. Dezentrale Erzeugung, Smart Grid, Elektromobilität, Demand Side Management (DSM), Renditedruck und die Neuausrichtung vieler Konkurrenten werden Markt, Wettbewerb und Technologie in der Welt der Energie und Wasser Potsdam entscheidend verändern. Gerade im Kundensegment lassen sich hier für die EWP, mit klug durchdachten Bürgerbeteiligungsmodellen (z.B. durch Realisierung erneuerbarer Energie-Projekte) verloren gegangenes Vertrauen und Marktanteile zurückgewinnen.

Die zukünftigen Herausforderungen für die EWP sind groß. Die dezentrale Energieerzeugung (vor allem Photovoltaik) und die Elektromobilität werden den Betrieb der Niederspannungsnetze deutlich erschweren. In der Zukunft werden viele Kunden mit Hilfe von Smart-Grid-Anwendungen aktiv gemanagt werden müssen. Die EWP wird erhebliche Mittel investieren müssen, um diese neue IT-Welt abbilden zu können. Gleichzeitig werden sich neue und alte Wettbewerber intensiv um die Kunden der EWP bemühen. Die Neuausrichtung der Energieversorgung bietet der EWP aber auch große Chancen. Sie kann auf bereits bestehende Strukturen zurückgreifen und aus ihrem Kerngeschäft – unter Nutzung ihrer existierenden Infrastruktur, Kunden und Ressourcen – auch in neue Märkte expandieren.

Die EWP betreiben die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze in Potsdam und sichern damit die Energieversorgung als Grundfunktion der Gesellschaft/Stadt. Der Kommune obliegen bei der Ausgestaltung dieser Aufgabe die wichtigsten Entscheidungen. Durch die Beteiligung privater Partner könnte zusätzliches Kapital und ggf. Knowhow für die Entwicklung des städtischen Energieversorgungsunternehmens eingebunden werden.

 

Bisher können aber die Bürgerinnen und Bürger nicht direkt an den Geschicken der EWP mitwirken, sondern dies ist nur über die gewählten Vertreter (Stadtverordnete und den Oberbürgermeister) möglich. Angesichts der Möglichkeit, EWP-Anteile von den privaten Gesellschaftern zu erwerben (Call-Option), sollte die direkte Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger gestärkt werden. Dadurch wird zusätzliches Kapital für die EWP erschlossen und für die Anleger eine interessante Möglichkeit geschaffen, Geld in der Region zu investieren. Vor allem aber wird die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit „ihren“ Stadtwerken gestärkt und um den neuen Aspekt der Gesellschafterfunktion bereichert. Bürgerinnen und Bürger als Anleger werden angemessene Erträge ihrer Einlagen anstreben, ebenso aber eine sichere, preisgünstige und umweltverträgliche Energieversorgung und die Mitwirkung der EWP an einer nachhaltigen Entwicklung des Gemeinwesens insgesamt. Daher soll dieser Weg zur direkten Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in die Entscheidungsprozesse beschritten werden, insbesondere auch vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen mit dem Bürgerhaushalt.

 

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