Antrag - 12/SVV/0470

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die Vertreterinnen der Stadt Potsdam in den Gremien und Organen der städtischen Wohnungsgesellschaft Pro Potsdam und deren Tochtergesellschaften werden beauftragt, dafür Sorge zu tragen, dass diese Gesellschaften den Bestandsmieterinnen eine Senkung der Netto-Kaltmiete um 20 % anbieten.

 

Die daraus entstehenden finanziellen Einbußen für den Unternehmensverbund Pro Potsdam sowie die entstehenden Einsparungen im städtischen Haushalt sind den Stadtverordneten vom Oberbürgermeister im November 2012 darzustellen.

 

Über die erforderlichen Verschiebungen der Prioritäten innerhalb des städtischen Haushaltes wird mit dem Haushaltsentwurf 2013 beraten und entschieden. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Haushaltsentwurf im November 2012 vorzulegen.

 

 

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Erläuterung

 

Begründung:

 

Vor einigen Monaten wurde ein ähnlicher Antrag unserer Fraktion ohne jede inhaltliche Diskussion von der Mehrheit der Stadtverordneten abgelehnt. Sogar die sonst selbstverständliche Behandlung unseres Vorschlages in den Fachausschüssen wurde verwehrt. Als gewählte Stadtverordnete möchten wir Anträge nicht nur formal einbringen und von der Mehrheit ablehnen lassen. Vielmehr bestehen wir auf unserem legitimen demokratischen Anspruch, dass unsere Vorschläge zur Lösung des wohl zentralen sozialen Problems der Stadt  öffentlich diskutiert werden. Aus diesem Grund wiederholen wir unseren Vorschlag.

 

Bestärkt fühlen wir uns dadurch, dass wohnungspolitische Themen immer größere Resonanz in der Stadt finden. Inzwischen hat sich die Expertengruppe Potsdam22 mit unserer Fraktion getroffen. Im Juni 2012 demonstrierten mehr als 2.500 Menschen Für „Mietenstopp Jetzt!“. Danach wurde über die Mietentwicklung in Potsdam auch in den überregionalen Medien berichtet.

 

 

Unser Anliegen

 

Wir wollen, dass die Mieten der Gewoba bzw. Pro Potsdam vor Jahresende um 20% gesenkt werden. Das ist richtig, weil die Mieten in Potsdam zu hoch sind und die städtische Wohnungsgesellschaft seit Jahren eine aus Sicht der MieterInnen falsche Strategie verfolgt. Sie saniert an den finanziellen Möglichkeiten der Bewohner vorbei. In anderen Fällen verkauft sie die Häuser an private Investoren, die hier durch Sanierungen Gewinne erwirtschaften wollen - im Falle Semmelhaack sogar mit Preisnachlass. In beiden Fällen müssen die BewohnerInnen auf Grund steigender Mieten den Stadtteil verlassen.

 

In Die Neuordnung des Grundbesitzes der Stadt Potsdam erfolgtewurde nach der Wende dergestalt, dass ein großer Teil städtischer Immobilien nicht wie anderswo einfach ein großer Teil städtischer Immobilien der Gewoba zugeordnet, sondern an diese verkauft. Damit flossen dem Haushalt der Stadt Potsdam gerade um die Bundesgartenschau 2001 herum große Summen zu, während die Gewoba diese Käufe zumindest teilweise mit Krediten bezahlte, die nun von den MieterInnen abgestottert werden müssen.

 

Das eine ist keine wirtschaftliches Schicksal und das andere rechtlich keine Notwendigkeit, sondern es ist eine Frage der politischen Prioritätensetzung. Da die Versäumnisse der vergangenen Jahren beim Neubau kurzfristig nicht überwunden werden können, braucht es schnelle und pragmatische Ansätze. Mietsenkungen von 20% sind bei den städtischen Wohnungsgesellschaften machbar. Und weil sich das über den neuen Mietspiegel, der Ende des Jahres erneuert wird, auch auf alle anderen Mieten auswirken soll, muss diese Maßnahme vorher umgesetzt werden.

 

 

Mietensenkung um 20 %

 

Die Mieten steigen in Potsdam seit Jahren drastisch. Dies bedroht mittlerweile die Lebenshaltung vieler Menschen in dieser Stadt. Um dem Einhalt zu gebieten, schlagen wir vor, dass die städtische Wohnungsgesellschaft alle Wohnungsmieten bis Ende des Jahres  in ihrem Bestand um 20 % senkt. Das führt nicht nur zu einer deutlichen Entlastung der MieterInnen bei der Gewoba bzw. Pro Potsdam, sondern wird, da sich durch eine generelle Mietsenkung bei der größten Vermieterin der Stadt auch der Mietspiegel ändert, auch zu Entlastungen für MieterInnen führen, die auf dem privaten Wohnungsmarkt suchen. 

 

Unser Vorschlag ist der einzige, der kurzfristig und wirksam das Problem der sehr hohen und steigenden Mieten konsequent anpackt. Alle bisher angedachten Maßnahmen sollten entweder nur vom Problem ablenken, greifen zu kurz oder sind nicht umgesetzt worden.

 

 

Gewoba / Pro Potsdam

 

Grundsätzlich erscheint die kommunale Wohnungsgesellschaft als das geeignete Instrument, um bezahlbaren Wohnraum in Potsdam sicherzustellen. Mit der größten Vermieterin in Potsdam und einem immer noch großen Wohnungsbestand könnte die Stadt regulierend in den Wohnungsmarkt eingreifen. Das tut sie aber bisher nicht, weil die Wohnungspolitik der Marktlogik untergeordnet wird und weil die inzwischen zur Pro Potsdam umgewandelte Gewoba die Kredite zu bedienen hat, mit denen um 2000/2001 herum über den Kauf städtischer Immobilien der Stadthaushalt gestützt wurde.  Mit einer politischen Entscheidung, die Mieten um 20 % zu senken, hört die Pro Potsdam auf, ein reiner Erwerbsbetrieb zu sein und wird endlich wieder als  wohnungspolitisches Instrument der Stadt genutzt.

 

 

 

Mietobergrenzen gescheitert

 

Bereits 1994 beschloss die Stadtverordnetenversammlung die Festlegung von Mietobergrenzen in den damaligen Sanierungsgebieten in Babelsberg oder der Innenstadt, weil ganz offensichtlich war, dass die Sanierung der Stadtteile durch Kirsch und Co. zu einem deutlichen Anstieg der Mieten und zur weitgehenden Verdrängung der ansässigen BewohnerInnen führen wird. Viel Herzblut investierte die Stadtverwaltung in die Durchsetzung des Beschlusses aber nicht. Als Grundstückseigentümer juristisch gegen die Mietobergrenzen vorgingen und Berliner Bezirke sich für die Deckelung der Mieten stark machten, übernahm die Potsdamer Verwaltung die Rechtsposition der Vermieter und schickte den Stadtverordneten Artikel aus Magazinen für Grundstückseigentümer, in denen gegen die Mietobergrenzen Stimmung gemacht wurde. Nachdem das Berliner Oberverwaltungsgericht die Mietobergrenzen für unvereinbar mit dem Sanierungsrecht erklärte, beschloss die Stadtverordnetenversammlung auf Antrag der Fraktion Die Andere, Milieuschutzsatzungen für die Sanierungsgebiete festzulegen und damit die Mietobergrenzen zu retten. Der Oberbürgermeister weigerte sich aber schlichtweg, diesen Beschluss umzusetzen.

 

 

Konzeptlos gegen hohe Mieten

 

Seit der Jahrtausendwende steigt der Zuzug nach Potsdam.  Gleichzeitig ging der Wohnungsbau zurück. Wohnungen wurden immer knapper. Inzwischen bestreitet auch im Potsdamer Rathaus niemand mehr, dass insbesondere kleine preisgünstige Wohnungen fehlen. 2009 wurde das Stadtentwicklungskonzept Wohnen vorgelegt. Darin wurde ein Neubaubedarf von 11.553 Wohnungen bis 2020 festgestellt. Als denkbare Maßnahmen wurden vorgeschlagen, städtische Grundstücke für den Wohnungsbau kostengünstig bereitzustellen, Belegungsrechte anzukaufen oder auf Mieterhöhungsspielräume zu verzichten. Drei Jahre später hat sich die Situation nur verschärft, aber die Vorschläge wurden nicht ernsthaft umgesetzt. Mittlerweile flieht auch die Mittelschicht vor Potsdams hohen Mieten und die Rathausspitze setzt die nächste Kommission ein.

 

Mehr als das Pilotprojekt eines Sozialfonds für flexible Belegungsbindungen der Pro Potsdam ist bisher noch nicht zustande gekommen. Dieser Fonds wird genutzt, um die Differenz zwischen der tatsächlichen Miete und dem, was die Kommune als Kosten der Unterkunft übernimmt, im Einzelfall zu tragen. Dabei genügt das Volumen des Fonds gerade einmal, um 100 - 200 Wohnungen im niedrigen Preissegment zu halten, wobei der Bedarf weit höher ist. Die angekauften Belegungsbindungen sind zeitlich begrenzt und laufen also nach einiger Zeit aus. Eine dauerhafte Sicherung bezahlbaren Wohnraums ist damit nicht möglich.

 

Auf der anderen Seite wurden alle konstruktiven Vorschläge zum Erhalt preiswerter Wohnungen abgelehnt. So scheiterte Die Andere mit Forderungen nach einer bedarfsgerechten Sanierung von Altbaubeständen durch Fördermittel. Die Pro Potsdam weigerte sich, Landesförderungen zu beantragen, weil sie damit zur  Mietpreisdeckelung verpflichtet wäre. Selbst der Antrag, dass die Mieten bei der städtischen Pro Potsdam nicht oberhalb des Mietspiegels liegen sollen, wurde abgelehnt.

 

Stattdessen werden Wohnungsforen veranstaltet, Expertenrunden gegründet und Gutachten erarbeitet. Allerdings wird dies den Anstieg der Mieten in Potsdam nicht stoppen können, solange Stadt und Pro Potsdam nicht bereit sind, für den Erhalt preiswerter Wohnungen Geld auszugeben und auf die profitable Vermarktung des Wohnungsbestandes zu verzichten.

 

 

Darum: minus 20 % jetzt!

 

Die Fraktion Die Andere fordert, dem weiteren Anstieg der Mieten und dem Mangel an bezahlbaren Wohnraum endlich ein klares Signal entgegen zu setzen. 

 

Wir Eine Senkung aller Wohnungsmieten im Bestand der schlagen vor, dass die städtischen Wohnungsgesellschaft alle Wohnungsmieten in ihrem Bestand um 20 % senktwürde den in Potsdam fehlenden bezahlbaren Wohnraum schaffen. Das führt nicht nur zu einer deutlichen Entlastung der Mieten, sondern wird sich auch auf den Mietspiegel der Stadt auswirken.Das würde über den Mietspiegel auf die ganze Stadt ausstrahlen. Nur so können wieder viel mehr Wohnungen auf einen Mietpreis von 5,50 Euro kalt gedrückt werden, was in Potsdam dem Höchstwert entspricht, den die Stadt als „Kosten der Unterbringung“ für Menschen übernimmt, die Sozialleistungen wie Grundsicherung oder Arbeitslosengeld II beantragen.

 

Uns ist klar, dass uns wieder entgegengehalten wird, dass diese Idee nicht finanzierbar ist. Aber warum sind denn in anderen Städten Wohnungen so viel billiger als in Potsdam? Zement und Handerwerkerstunden sind in Leipzig oder Dessau nicht billiger als in Potsdam. Die Grundstücke gehören der Pro Potsdam, so dass auch hier keine höheren Kosten entstehen. 

 

Kurzum: Eine Senkung um 20 Prozent würde nicht den Ruin der Pro Potsdam bedeuten, sondern eine Anpassung an das Niveau sein, auf dem andere kommunale Wohnungsgesellschaften in anderen ostdeutschen Städten seit Jahren erfolgreich arbeiten, so z.B. in Leipzig und Jena.

 

Im Unterschied zu anderen Städten hat die Gewoba ihren Grundstücksbestand nach der Wende nicht kostenlos von der Stadt übernommen. Stattdessen hat die Stadt Potsdam die Grundstücke zwar mit der Gewoba als deren Vermögen ins Handelsregister eintragen lassen, aber im Nachhinein kaufte die Gewoba diese Grundstücke von der Stadt und zahlte dafür über 100 Millionen DM in die Stadtkasse. Es ist kein Geheimnis, dass der Schwerpunkt der Stadtentwicklung seit 1990 auf den Aufbau einer barocken Stadtkulisse gelegt wurde. Letztlich finanziert die Bevölkerung dies bis heute durch überhöhte Mieten.

 

 

 

 

 

 

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