Antrag - 23/SVV/1392

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in seiner Funktion als Gesellschaftervertreter der Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP), die Unternehmensführung anzuweisen, die Strom- und Wärmeerzeugung der EWP auf dem Stadtgebiet der Landeshauptstadt Potsdam bis 2035 fossilfrei zu gestalten.

 

Investitionen in den Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien als Herzstück einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung in Potsdam sind zügig und konsequent umzusetzen. Priorität hat dabei die Nutzung der vielseitigen geothermischen Potentiale Potsdams, allen voran die tiefe Geothermie.

 

Der Oberbürgermeister wird weiterhin beauftragt, darzulegen, wie die Erfüllung dieser Aufgaben im dargelegten Zeitraum durch notwendige flankierende Maßnahmen im Verantwortungsbereich der Verwaltung untersetzt werden sollen und welche Stadtverordnetenbeschlüsse zu Personalstellen und Finanzmitteln in den kommenden Haushalten erforderlich sind.

Investitionsentscheidungen und Umsetzung von Maßnahmen sollen unabhängig vom Abschluss der Energieleitplanung im Jahr 2026 so bald wie möglich sukzessive erfolgen.

 

Über den Umsetzungsstand sind der Hauptausschuss und der Ausschuss für Klima, Umwelt und Mobilität (KUM) vierteljährlich und die Stadtverordnetenversammlung sowie die Potsdamer Öffentlichkeit mindestens einmal im Jahr zu informieren.

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Erläuterung

Eine fossilfreie Fernwärmeversorgung ist für Potsdam bereits vor 2035 rein technisch machbar. Zur Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen (Finanzierung, Genehmigungsverfahren, Verbrauch senken) und sozialverträglichen Gestaltung des Transformationsprozesses gibt es bereits konkrete Empfehlungen und in anderen Städten bereits erfolgreich umgesetzte Lösungsvorschläge. Die Schritte, um die Energiewende zu beschleunigen, sind bekannt und im Masterplan bzw. in den neuen Dekarbonisierungsstrategien der städtischen Unternehmen beschrieben.

 

Eine frühzeitige Dekarbonisierung der Strom- und Wärmeversorgung ist entscheidend, um den Weg für die schwierigere Dekarbonisierung anderer Sektoren zu ebnen. Politischer Rückhalt für dieses Ziel wurde bereits mehrfach über die Fraktionen hinweg deutlich zum Ausdruck gebracht, siehe Potsdam als Masterplan-Kommune, Ausruf des Klimanotstandes 2019, Beschluss der Klimaneutralität bis 2035 im Jahr 2023 (21/SVV/0960).

 

Einigkeit besteht auch darüber, dass die aktuelle Energieversorgung dezentraler, klimafreundlicher und unabhängiger von Importen werden muss. Die Ergebnisse aus der in diesem Jahr abgeschlossenen Bohrung für die tiefe Geothermie in der Heinrich-Mann-Allee zeigen, dass Potsdam deutlich höhere Potentiale für erneuerbare Wärmequellen hat als bisher angenommen, und wir eine unabhängige Wärmeversorgung aufbauen können.

 

Durch die im Sinne des Klimaschutzes 2023 im Bundesförderprogramm „Klimafreundlicher Neubau“ erhöhten Anforderungen für Neubauten wird der Zeitplan zur Dekarbonsierung der Fernwärme noch dringlicher: Je früher Potsdam dieses Ziel erreicht, um so früher kann wieder die Förderung „Klimafreundlicher Neubau“ für Neubauten mit dem Standard EH40 genutzt werden. Für die Investitionen im sozialen Wohnungsbau, deren Gebiete vor allem im Bereich der Fernwärmeversorgung liegen, ist dies von entscheidender Bedeutung.

 

Es gilt nun, die nächsten drei Jahre parallel zur Ausarbeitung der Energieleitplanung bis 2026 zu nutzen, um richtungsweisende Entscheidungen zu fällen, Planungssicherheit für alle betroffenen Akteur:innen zu gewährleisten und Fehlinvestitionen zu vermeiden. Nur wenn bereits im Jahr 2024 massiv in den Bau der geplanten Geothermie-, Windenergie und Photovoltaikanlagen investiert wird, kann auch eine preisstabile Versorgungssicherheit für Potsdam gewährleistet werden.

 

Mit dem beschleunigten Übergang zu nachhaltigen Wärmelösungen sind temporär hohe Kosten verbunden. Es nicht zu tun, ist jedoch nachweislich mittel- und langfristig mit noch höheren Kosten verbunden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass gerade der Betrieb des Fernwärmenetzes mit Erdgas schon heute und in Zukunft noch verstärkt mit erheblichen betriebswirtschaftlichen Unwägbarkeiten verbunden ist.

 

Die Energiekrise 2022 hat gezeigt, dass die Importabhängigkeit Deutschlands beim Erdgas erhebliche Preisschwankungen zur Folge haben kann. Darüber hinaus ist mit der schrittweisen Erhöhung der CO2-Bepreisung durch die Bundesregierung und dem europäischen Emissionshandel in den nächsten Jahren ein erheblicher Anstieg der Erdgaspreise zu erwarten. Daher erhöht sich das Risiko einer unzumutbaren finanziellen Belastung der Kunden:innen in einem Szenario mit einer länger fortbestehenden erdgasgebundenen Energieversorgung. Das Gleiche gilt für die Variante, in dem ein hoher Anteil grünen Wasserstoffs zum Einsatz kommt. In aktuellen Studien wird vor Wasserstoff als großer „Kostenfalle“ gewarnt und die Importabhängigkeit würde damit fortgeschrieben.

 

Erneuerbare Energien dagegen machen Potsdam unabhängig von Preisschwankungen an den internationalen Energiemärkten. Sie erhöhen also die Planungssicherheit, damit Energiepreise moderat und sozialverträglich gestaltet werden können. Nicht zuletzt tragen Investitionen in erneuerbare Energien einen wesentlichen Beitrag zur lokalen Wertschöpfung bei.

 

Potsdam ist ein über die Ländergrenzen hinaus bekannter Wissenschaftsstandort für Klimaforschung und kann in der Energie- und Wärmewende ein Vorreiter und Vorbild für viele Städte und Kommunen in Deutschland und weltweit werden. Dafür bedarf es jetzt ambitionierterer Anstrengungen, um einen erfolgreichen Transformationsprozess in der Energiewende zum Wohle der Potsdamer Stadtgesellschaft zu gestalten.

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Anlagen

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