Beschlussvorlage - 17/SVV/0705

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die Verordnung zur Festsetzung von Beförderungsentgelten im Gelegenheitsverkehr mit den in der Landeshauptstadt Potsdam zugelassenen Taxen Taxitarifverordnung der Landeshauptstadt Potsdam.

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Erläuterung

Berechnungstabelle Demografieprüfung:

 

 

 

Begründung:

 

1.   Erfordernis der Tarifanpassung

Aufgrund der bestehenden Rechtslage sind Konzessionen zum Verkehr mit Taxen zu versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird.

 

Vor diesem Hintergrund hat die Landeshauptstadt Potsdam (LHP) im Jahr 2012 die Erstellung eines Gutachtens gem. § 15 Abs. 4 PBefG zur Analyse und Bewertung der aktuellen wirtschaftlichen Lage sowie der Angebots- und Nachfragesituation und somit der objektiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Taxigewerbe der Stadt beauftragt. Im Ergebnis stellten sich die wirtschaftliche Lage der Taxiunternehmer und die Funktionsfähigkeit des Gewerbes als gefährdet dar.

Unter Berücksichtigung des Antrages des Taxiverband e.V. (PTV) wurde die Taxitarifverordnung der Stadt Potsdam überarbeitet und zum 01.01.2015 ein neuer Taxitarif eingeführt.

Um die Auswirkungen dieses Tarifes sowie die erforderliche Funktionsfähigkeit des Gewerbes analysieren und bewerten zu können, wurde auch unter Beachtung der Mindestlohnthematik eine Fortschreibung des Gutachtens beauftragt.

Prioritär war hierbei die vollständige Becksichtigung des Mindestlohnes, welcher erstmals zum 1. Januar 2015 in Höhe von 8,50 Euro brutto bundesweit eingeführt und zum 01.01.2017 in Höhe von 8,84 Euro brutto je Zeitstunde erhöht worden ist.

Im Ergebnis des neuen Taxigutachtens wurde festgestellt, dass die wirtschaftliche Lage in den Taxiunternehmen der Landeshauptstadt Potsdam weiterhin unzureichend ist und damit eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Gewerbes nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Aufgrund dieses Ergebnisses und eines gemeinsam gestellten Antrages des Potsdamer Taxiverbandes e.V. (PTV), der Taxi-Genossenschaft Potsdam e.G. (TGP) und des Taxiverbandes Berlin Brandenburg e.V. (TVB) vom 27.03.2017 wurde die Taxitarifverordnung der Stadt Potsdam erneut überarbeitet.

Zurzeit gilt in der Landeshauptstadt Potsdam die Taxitarifverordnung vom 01.01.2015, veröffentlicht im Amtsblatt für die Landeshauptstadt Potsdam Nr. 16 vom 30.12.2014.

 

Mit dem Antrag auf Neufassung der seit ca. 2 ¼ Jahren geltenden Taxitarifverordnung ohne vollständige Berücksichtigung des aktuell geltenden Mindestlohnes begehren die Antragsteller, dass der schwierigen wirtschaftlichen Gesamtsituation Rechnung getragen und Abhilfe geschaffen wird.

 

Begründet wird der Antrag im Wesentlichen mit den Ergebnissen des neuen Taxigutachtens der LHP. Ergänzend wurden durch die Potsdamer Taxiverbände eigene prozentuale Erhebungen und Auswertungen zu den einzelnen Gebührenmerkmalen durchgeführt und dem Antrag beigefügt. Hierin wird als wichtigste Einflussgröße die Mindestlohnthematik angeführt, die sich direkt oder indirekt auf nahezu alle Gebührenmerkmale auswirkt.

 

Nach Einschätzung der Potsdamer Taxiverbände gewährleisten die derzeit gültigen Tarife der Taxitarifverordnung nicht mehr die gesetzlich geforderte Wirtschaftlichkeit (Insolvenzschutz) der Unternehmen und den zu kalkulierenden Unternehmerlohn.

Der entscheidende Grundsatz bei der Prüfung der Beförderungsentgelte nach §§ 51, 39 Absatz 2  PBefG) ist, dass die Beförderungsentgelte so von Seiten der Behörde festgesetzt werden müssen, dass sie mindestens kostendeckend sind.

 

Positiv zu verzeichnen ist die gemeinsame Antragstellung aller Potsdamer Taxiverbände. Eine aufwändige Einzelbetrachtung der i.d.R. divergierenden Belange der verschiedenen Verbände war somit entbehrlich.

 

 

2.   Darstellung Antragsgründe

Gutachterlich wurde festgestellt, dass sich die ermittelten Gesamtkosten im Mittel über alle Taxis im Zeitraum 2012 bis 2015 nur wenig verändert haben. Größere Erhöhungen bei den Gesamtkosten in 2015 durch die Einführung des Mindestlohnes zum 01.01.2015 sind nicht feststellbar.

 

Über die teilweise erfolgten Reduzierungen im Personalbestand und bei den individuell vertraglichen Arbeitszeiten in den Mehrwagen-Betrieben sowie dem allgemein günstigen Kostenniveau ist hier ein annähernder Ausgleich entstanden.

Es ist davon auszugehen, dass die Unternehmer mit weiteren Maßnahmen versucht haben, dem Kostenwachstum aus der Mindestlohneinführung zu begegnen.

 

Bei den ermittelten Fahrgeldeinnahmen ergeben sich zwischen 2011 und 2014 nur geringe Schwankungen (Basis war die Tarifanpassung in 2009). Demgegenüber wirkte sich 2015 die Tariferhöhung zum 01.01. des Jahres aus.

Der Einnahmezuwachs fiel allerdings mit rund 8 % geringer aus als die Erhöhung des Beförderungs-entgeltes mit im Durchschnitt etwa 19 %.

 

Somit besteht weiterhin eine defizitäre Einnahmesituation, welche allein nicht durch den Unternehmer ausgeglichen werden kann.

 

Um die Bilanzsituation zu verdeutlichen, wird nachstehend die gutachterliche Ermittlung der Kostendeckung für das Jahr 2017 dargestellt:

 

 

 

Basis 2015

Hochrechnung 2017

Variable Kosten, (+4 % in 2016, +3 % in 2017)

8.353 €

8.948 €

Fixkosten, (+2 % pro Jahr)

11.609 €

12.078 €

Personalkosten, (+4 % in 2017)

27.720 €

28.829 €

Gesamtkosten, (entspricht Mindestumsatz)

47.683 €

49.855 €

Fahrgeldeinnahmen, (+3 % in 2016, +2 % in 2017)

45.091 €

47.373 €

Kostendeckungsgrad

94,6 %

95,0 %

 

 

Es ist somit unter den gutachterlich getroffenen Annahmen für 2017 ein Erlös-Fehlbetrag von rd. 2.500  pro Taxi und Jahr, das sind 5,2 % bezogen auf den Ist-Umsatz, zu erwarten.

Das bedeutet, dass auch in 2017 die erzielten Erlöse nicht ausreichen werden, um die entstehenden Kosten einschließlich eines angemessenen Unternehmergewinns zu decken. Die sich fortsetzende Kostenunterdeckung verdeutlicht die unbefriedigende wirtschaftliche Lage im Potsdamer Taxigewerbe.

 

Um den erforderlichen Zuwachs bei den Fahrgeldeinnahmen zu erzielen und die Beseitigung der Erlösunterdeckung zu erreichen, wird es erforderlich, eine entsprechende Erhöhung der Beförderungsentgelte durchzuführen.

Seitens des Gutachters wird eine Erhöhung des Preises für eine durchschnittliche Fahrt in Höhe von bis zu 10 % empfohlen.

 

Um der bestehenden defizitären Situation zu begegnen, wurde ernzend zu den gutachterlichen Vorschlägen zur neuen Tarifgestaltung seitens der Potsdamer Taxiverbände die Einführung eines neuen Gebührenmerkmales sowie eine überdurchschnittliche Erhöhung der Nachttarife gegenüber den Tagtarifen beantragt und begründet.

Mit der Einführung der neuen Gebühr für den vermittelten Fahrauftrag gilt es, die Kosten für die Bereitstellung der modernen Bestellformen abzudecken. Hierzu gehören die Telekommunikationseinrichtungen, wie das Telefon, Fax, Online-Bestellung, Autobooker-Bestellung (meist Bestellungen von Hotel und Gaststätten), automatische Telefonbestellung, Applikationen (App-Bestellung), die modernen Techniken in den Fahrzeugen für die elektronische Auftragsübernahme sowie die personelle Bereithaltung für den 24-stündigen Vermittlungsservice der Potsdamer Taxizentrale.

All diese Vorteile für den Kunden sollte diese einmalige Gebühr von 1€ je vermittelter Fahrt rechtfertigen.

 

Die relativ starke Erhöhung der Nachttarife wird mit der Varianz an Fahrtzwecken zu den unterschiedlichen Fahrzeiten begründet.

Es ist zu bemerken, dass der „Tagestarif“ verstärkt von älteren und bedürftigen Personen sowie für Arztbesuche, Behördengänge und Einkaufsfahrten genutzt wird. Daher ist für die Kurzstrecken von 1-4 km eine moderate Erhöhung bzw. für längere Fahrten ab 5 km keine Erhöhung vorgesehen.

Demgegenüber ist in den Nachtstunden und Feiertagen die hauptsächliche Inanspruchnahme von Taxen der privaten Zweckerfüllung, Diskothekenbesuchen, Eventveranstaltungen, Urlaub, Kino und Gaststättenbesuchen zuzuordnen.

Aufgrund des geringen Anteils der Nacht- und Feiertagsfahrten wird die Erhöhung in Abhängigkeit der Fahrtlänge von bis zu 18,6 % als gerechtfertigt angesehen.

 

Die Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK) stimmt dem vorliegenden Entwurf Taxitariferhöhung grundsätzlich zu und sieht die Erhöhungen der Entgelte als akzeptabel an.

Bedenken wurden hinsichtlich des neuen Gebührenmerkmales „Gebühr für den vermittelten Fahrauftrag“ geäert. Aus Sicht der IHK wäre es geboten, die Höhe der Gebühr und deren Zusammensetzung schlüssig zu untersetzen und eine höchstmögliche Transparenz zu gewährleisten.

 

 

3.   Fazit

Gemäß § 13 Abs. 1 PBefG sind die zu gewährleistende Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens grundlegende Voraussetzungen für die Genehmigung zur Personenbeförderung.

Der Unternehmer muss stets in der Lage sein, die aus dem Betrieb erwachsenden Verbindlichkeiten zu erfüllen und seine Fahrzeuge in betriebs- und verkehrssicherem Zustand zu halten. Das bedeutet, dass jeder Unternehmer in der Verantwortung steht, die Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit seines Betriebes nachzuweisen (was im Falle einer mangelnden Leistungsfähigkeit den Entzug der Taxikonzession, sprich den Wegfall der wirtschaftlichen Existenz, bedeuten würde).

 

Im gutachterlichen Ergebnis wurde festgestellt, dass die wirtschaftliche Lage in den Taxiunternehmen der Landeshauptstadt Potsdam weiterhin unzureichend ist und damit eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Gewerbes nicht ausgeschlossen werden kann. Trotz insgesamt positiv verlaufender regionaler Entwicklung sind keine Ansätze für kurzfristige und nachhaltige Steigerungen in der Nachfrage nach Taxileistungen erkennbar.

 

Die für 2017 gutachterlich festgestellte prozentuale Kostenunterdeckung für ein durchschnittliches Potsdamer Taxi, bezogen auf den Ist-Umsatz, beträgt nach Hochrechnung 5,2 %.

Demnach bestehen für die Genehmigungsbehörde das Handlungserfordernis bzw. die gesetzliche Handlungspflicht, durch eine entsprechend kostendeckende Taxitarifverordnung die Unternehmen in die Lage zu versetzten, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen.

 

Anzumerken hierbei ist, dass aufgrund von Geschäftsaufgaben die derzeitige Konzessionsanzahl mit 175 unterhalb der gutachterlich empfohlenen Obergrenze von 183 liegt, wobei sich 4 Anträge auf eine Konzession im Antragsverfahren befinden. Die aktuelle Situation an fehlenden Bewerbern für eine Taxikonzession verdeutlicht bzw. spiegelt erstmals seit der Wiedervereinigung ebenfalls die angespannte wirtschaftliche Lage der Taxiunternehmer in Potsdam wieder.

 

Unter Berücksichtigung der Entwicklung des Taxitarifes und dessen Anpassungen in den Jahren 2002, 2005, 2009 sowie zum 01.01.2015 unterlagen diese einem Zyklus von 4-5 Jahren. Die prozentuale durchschnittliche Preissteigerung lag jeweils bei ca. 20%.

Aufgrund des 2015 eingeführten Mindestlohns und dessen ngsten Erhöhung zum 01.01.2017 unterliegt die beantragte Tariferhöhung einem rzeren Zeitraum von ca. 2 ¼ Jahren.

 

Da unter Wertung der dargestellten betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich eine Wirtschaftlichkeit für die Mehrzahl der Betriebe nicht mehr darstellt, erscheint insbesondere unter dem Gesichtspunkt des besonderen Interesses der Allgemeinheit an einer verkehrssicheren Abwicklung des rechtlich dem öffentlichen Personennahverkehr gleichgestellten Taxigewerbes, eine Taxitariferhöhung zwingend notwendig und angemessen.

 

Unter Berücksichtigung der gutachterlich eingestuften mangelhaften wirtschaftlichen Lage des Taxigewerbes und dessen festgestellter gefährdeter Funktionsfähigkeit, besteht für die Genehmigungsbehörde aktuell das dringende Erfordernis einer Taxitarifanpassung.

 

4.   Tarifbestimmung

 

Im Ergebnis der summarischen und inhaltlichen Prüfungen wird der nachstehende Entwurf der Taxitarifverordnung zur Entscheidung vorgelegt:

 

 

 

 

aktueller Tarif

beantragter Tarif

Erhöhung

in % 

 

 

a)      Einschaltgebühr für Taxen bis 4 Fahrgäste 

incl. Anfahrt   

        

 

3,50 €

 

3,80 €

 

8,6 %

b)      Einschaltgebühr für Taxen ab 5 Fahrgästen

incl. Anfahrt        

    

7,00 €

7,50 €

7,1 %

c)      Entgelte je km werktags< 4 km   1)

von 06:00 - 22:00 Uhr> 4 km   1)

 

1,90

 

1,70

2,10 €

 

1,70 €

10,5 %

 

keine

d)      Entgelte je km < 4 km   1)

werktags von 22:00 - 06:00 Uhr> 4 km   1)

(sowie an Sonn- und Feiertagen)

 

2,00 

 

1,80

2,40 €

 

1,80 € 

 

20,0 %

 

keine

e)      Wartezeit je Minute

f)        Gebühr für den vermittelten Fahrauftrag 2)

 

0,40 € 

 

-----

0,50 €

 

1,00 €

25,0 %

 

100 %

g)      Gebühr für bargeldlose Zahlung

 

1,00 €

1,00 €

keine

h)      Gebühr für sperrige Güter,

die nicht in einen Limousinenkofferraum passen

 

3,00 €

3,00 €

keine

 

 

 

1)      Der neue Tarif sieht eine Erhöhung der km-Stufung von bisher 3 km auf 4 km vor.

 

2)      Dieses Gebührenmerkmal wurde neu aufgenommen und beinhaltet die Vermittlung von Fahrten über Telekommunikationseinrichtungen (Telefon, Fax, Online-Bestellung, Autobooker-Bestellung (meist Bestellungen von Hotel und Gaststätten), automatische Telefonbestellung, Applikationen (App-Bestellung). Hierbei findet auch der 24-stündige Vermittlungsservice der Potsdamer Taxizentrale entsprechende Berücksichtigung.

 

 

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Fazit finanzielle Auswirkungen

 

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Anlagen

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