Antrag - 22/SVV/0124

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Erläuterung

Begründung:

 

Seit der Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung in Kairo im Jahr 1994 werden sexuelle und reproduktive Rechte als Menschenrechte verstanden. Der Zugang zu sicheren, verträglichen und erschwinglichen Verhütungsmitteln ist ein Teil der sexuellen und reproduktiven Rechte und sollte r jeden Menschen sichergestellt sein. Momentan ist die Wahl eines geeigneten Verhütungsmittels jedoch oft auch eine Frage des Geldes, anstatt der individuellen Bedürfnisse. In Deutschland werden die Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel nur für Menschen mit Gebärmutter bis zu einem Alter von 22 Jahren von der Krankenkasse übernommen. Kosten für Barrieremethoden wie Kondom, Diaphragma und Portiokappe werden generell nicht erstattet. Über den 22. Geburtstag hinaus gibt es eine Kostenübernahme nur über kommunale bzw. regionale Regelungen.

 

Das Modellprojekt biko erprobte in den Jahren 2016 bis 2019 eine Kostenübernahme von verschreibungspflichtigen Verhütungsmitteln an sieben Standorten in Deutschland für Menschen mit Gebärmutter, die wenig Geld haben. Laut dem biko-Abschlussbericht haben zwischen 3,96 %  und 7,77 % (im Mittel circa 5,2 %) der Berechtigten die Kostenübernahme mindestens einmal in einem Projektjahr in Anspruch genommen.[1] Eine durchschnittliche Kostenübernahme belief sich auf 156,41 €.[2] Die biko-Auswertung zeigte auf, dass für eine sichere Verhütung eine Kostenübernahme nötig ist, die alle Verhütungsmethoden und alle Menschen miteinschließt. Aktuell sind im ALG2- Regelsatz circa 17 €r Gesundheitspflege vorgesehen. Im Gesundheitsbudget von Menschen, die Leistungen nach dem SGB II, SGB XII oder AsylbLG beziehen, sind auch Verhütungsmittel miteingeschlossen.

 

Der Zugang zu einer frei gewählten, geeigneten und gut verträglichen Verhütungsmethode unabhängig von Geschlecht und Einkommen würde dem Recht auf Wahlfreiheit und Selbstbestimmung in der Familien- und Lebensplanung Rechnung tragen.

 

Der pro familia Bundesverband hat im Jahr 2019 eine „Offenbacher Erklärung“ zum Menschenrecht auf Verhütung und Forderung einer Kostenübernahme abgegeben.

 

Die Städte Berlin, Bremen, Hannover, Oldenburg undnchen haben bereits unterschiedlich ausgestaltete Kostenübernahme- oder Zuschussmodelle implementiert, die über die Bezirksämter, Bürgerhäuser oder freie Träger laufen. Potsdam sollte diesen in dieser wichtigen gesundheits- und gleichstellungspolitischen Frage nicht nachstehen.

 

Quellen:

 

Biko Abschlussbericht: https://www.profamilia.de/fileadmin/profamilia/biko/biko_Abschlussbericht_barr.pdf

 

Biko Abschlussbericht kurz: https://www.profamilia.de/fileadmin/profamilia/biko/biko_kurzbericht_web.pdf

 

Offenbacher Erklärung: https://www.profamilia.de/fileadmin/profamilia/verband/Offenbacher_Erklaerung_2019_5-12.pdf

 

Berlin: https://www.berlin.de/projekte-mh/netzwerke/sexuelle-gesundheit/uebernahme-von-verhuetungsmitteln/

 

Bremen: https://www.soziales.bremen.de/soziales/existenzsicherung/kostenuebernahme-fuer-verhuetungsmittel-78009

 

nchen: https://www.muenchen.info/soz/pub/pdf/530_verhuetungsmittel.pdf

 

Oldenburg: https://www.oldenburg.de/startseite/leben-umwelt/soziales/gleichstellung/gesundheit-sexualitaet/zuschuss-fuer-verhuetungsmittel.html

 

Hannover: https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Soziales/Sozialleistungen-weitere-Hilfen/Kostenübernahme-für-Verhütungsmittel


[1] Vgl. biko-Abschlussbericht S. 86

[2] Vgl. biko-Abschlussbericht S. 87

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