Antrag - 22/SVV/0124
Grunddaten
- Betreff:
-
Kostenübernahme für Verhütungsmittel
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Antrag
- Federführend:
- Fraktion DIE aNDERE
- Einreicher*:
- Fraktion DIE aNDERE
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Entscheidung
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02.03.2022
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01.06.2022
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Erledigt
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Ausschuss für Finanzen
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Vorberatung
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16.03.2022
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18.05.2022
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Erledigt
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Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Wohnen und Inklusion
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Vorberatung
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29.03.2022
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Beschlussvorschlag
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Die Stadtverordnetenversammlung spricht sich dafür aus, eine Kostenübernahme von Verhütungsmitteln zu implementieren. Dadurch sollen Menschen, die über ein geringes Einkommen verfügen oder Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, AsylbLG, BaföG, BAB, Wohngeld oder Kinderzuschlag beziehen, ab dem 23. Geburtstag einen Zugang zu kostenfreien Verhütungsmitteln ihrer Wahl erhalten. Die Kosten für Barrieremethoden (Kondom, Diaphragma, Portiokappe) sollen altersunabhängig übernommen werden.
Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, an welcher Stelle Beratungsangebot, Bedarfsprüfung und Kostenübernahme angesiedelt werden können und welche Kosten dabei entstehen.
Die Stadtverordnetenversammlung soll im Juni 2022 über den erreichten Sachstand informiert werden.
Erläuterung
Begründung:
Seit der Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung in Kairo im Jahr 1994 werden sexuelle und reproduktive Rechte als Menschenrechte verstanden. Der Zugang zu sicheren, verträglichen und erschwinglichen Verhütungsmitteln ist ein Teil der sexuellen und reproduktiven Rechte und sollte für jeden Menschen sichergestellt sein. Momentan ist die Wahl eines geeigneten Verhütungsmittels jedoch oft auch eine Frage des Geldes, anstatt der individuellen Bedürfnisse. In Deutschland werden die Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel nur für Menschen mit Gebärmutter bis zu einem Alter von 22 Jahren von der Krankenkasse übernommen. Kosten für Barrieremethoden wie Kondom, Diaphragma und Portiokappe werden generell nicht erstattet. Über den 22. Geburtstag hinaus gibt es eine Kostenübernahme nur über kommunale bzw. regionale Regelungen.
Das Modellprojekt biko erprobte in den Jahren 2016 bis 2019 eine Kostenübernahme von verschreibungspflichtigen Verhütungsmitteln an sieben Standorten in Deutschland für Menschen mit Gebärmutter, die wenig Geld haben. Laut dem biko-Abschlussbericht haben zwischen 3,96 % und 7,77 % (im Mittel circa 5,2 %) der Berechtigten die Kostenübernahme mindestens einmal in einem Projektjahr in Anspruch genommen.[1] Eine durchschnittliche Kostenübernahme belief sich auf 156,41 €.[2] Die biko-Auswertung zeigte auf, dass für eine sichere Verhütung eine Kostenübernahme nötig ist, die alle Verhütungsmethoden und alle Menschen miteinschließt. Aktuell sind im ALG2- Regelsatz circa 17 € für Gesundheitspflege vorgesehen. Im Gesundheitsbudget von Menschen, die Leistungen nach dem SGB II, SGB XII oder AsylbLG beziehen, sind auch Verhütungsmittel miteingeschlossen.
Der Zugang zu einer frei gewählten, geeigneten und gut verträglichen Verhütungsmethode unabhängig von Geschlecht und Einkommen würde dem Recht auf Wahlfreiheit und Selbstbestimmung in der Familien- und Lebensplanung Rechnung tragen.
Der pro familia Bundesverband hat im Jahr 2019 eine „Offenbacher Erklärung“ zum Menschenrecht auf Verhütung und Forderung einer Kostenübernahme abgegeben.
Die Städte Berlin, Bremen, Hannover, Oldenburg und München haben bereits unterschiedlich ausgestaltete Kostenübernahme- oder Zuschussmodelle implementiert, die über die Bezirksämter, Bürgerhäuser oder freie Träger laufen. Potsdam sollte diesen in dieser wichtigen gesundheits- und gleichstellungspolitischen Frage nicht nachstehen.
Quellen:
Biko Abschlussbericht: https://www.profamilia.de/fileadmin/profamilia/biko/biko_Abschlussbericht_barr.pdf
Biko Abschlussbericht kurz: https://www.profamilia.de/fileadmin/profamilia/biko/biko_kurzbericht_web.pdf
Offenbacher Erklärung: https://www.profamilia.de/fileadmin/profamilia/verband/Offenbacher_Erklaerung_2019_5-12.pdf
Berlin: https://www.berlin.de/projekte-mh/netzwerke/sexuelle-gesundheit/uebernahme-von-verhuetungsmitteln/
Bremen: https://www.soziales.bremen.de/soziales/existenzsicherung/kostenuebernahme-fuer-verhuetungsmittel-78009
München: https://www.muenchen.info/soz/pub/pdf/530_verhuetungsmittel.pdf
Oldenburg: https://www.oldenburg.de/startseite/leben-umwelt/soziales/gleichstellung/gesundheit-sexualitaet/zuschuss-fuer-verhuetungsmittel.html
[1] Vgl. biko-Abschlussbericht S. 86
[2] Vgl. biko-Abschlussbericht S. 87