Beschlussvorlage - 04/SVV/0154

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Durchführung von Sozialplanverfahren in den Sanierungsgebieten und im Entwicklungsbereich Block 27 in der Stadt Potsdam – Sozialplanrichtlinie (SozplRl)

 

 

 

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Erläuterung

Begründung zum Beschluss zur Durchführung von Sozialplanverfahren in den Sanierungsgebieten und im Entwicklungsbereich Block 27 in der Stadt Potsdam – Sozialplanrichtlinie (SozplRl)

1. Rechtliche Begründung

Die 13. Kammer des VG Berlin hat am 18. Juli 2002 entschieden, dass die Festsetzung von Mietobergrenzen in Sanierungsgebieten zum Schutz der angestammten Wohnbevölkerung vor Verdrängung mit Mitteln des Sanierungsrechts unzulässig ist.

Das VG Berlin stellte fest, dass der Schutz der angestammten Wohnbevölkerung vor Verdrängung kein nach § 136 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 145 Abs. 2 BauGB zulässiges verbindliches Sanierungsziel sei, zu dessen Sicherung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung von Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten selbständige Auflagen für die Zeit nach Durchführung der Sanierungsmaßnahmen beigefügt werden dürfen.  Der Schutz der angestammten Bevölkerung vor Verdrängung aus den Stadtquartieren kann nicht im Wege einer Auflage gewährleistet werden.

Im Urteil des OVG Berlin vom 30.01.2004 stellte das Gericht zwar fest, dass soziale Sanierungsziele generell zulässig seien, hier sah das Gericht als Möglichkeit, „den Sanierungsaufwand ... auf Maßnahmen zu beschränken, die auf die Herstellung eines zeitgemäßen, jedoch nicht überdurchschnittlich komfortablen Wohnstandard gerichtet sind“, jedoch „muss dem Eigentümer, der frei finanziert Modernisierungsarbeiten im Einklang mit dem gemeindlichen Sanierungsprogramm durchführt, in der sanierungsrechtlichen Genehmigung eine wirtschaftliche Nutzung“ durch Ausnutzung seiner „bereits sozial ausgewogen konzipierten zivilrechtlichen Mieterhöhungsmöglichkeiten nach §§ 558, 559 BGB dem Umfang nach verbleiben. Ergibt sich hierbei die wirtschaftliche Überforderung von Bewohnern des Gebiets und damit eine individuelle Verdrängungsgefahr“, so kommt ein Härteausgleich in Frage. „Die danach mögliche Abfederung sozialer Härten in Form von Miet- und Anpassungsbeihilfen sind aber allein von der öffentlichen Hand zu leisten und können nicht über Mietobergrenzen teilweise auf die Hauseigentümer abgewälzt werden“.

Das bedeutet, dass aus sozialen Gründen zugunsten der Mieter Einschränkungen beim Modernisierungsstand beauflagt werden können, die öffentliche Hand jedoch insgesamt darauf achten muss, dass der Eigentümer nicht überfordert wird. Diesem Urteilsumstand trägt Ziffer 3, zweiter Absatz Rechnung. Wegen des damit einhergehenden hohen Verwaltungsaufwandes soll zuerst eine summarische Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen erfolgen.

Die Verbindlichkeit des Verwaltungshandelns nach der alten Sozialplanrichtlinie vom 17.April 1998 wird durch die erkennbare Rechtswidrigkeit der Mietobergrenzen und die veränderten Bedingungen eingeschränkt. Daher wird der Beschluss zu den Mietobergrenzen (DS Nr. 98/0195/1 vom 27. April 1998) wegen dieser rechtlichen Gründe nicht mehr angewendet.

Mietobergrenzen sind vor dem Hintergrund des jetzigen Sanierungsstandes nicht mehr zeitgemäß. In der Vergangenheit sind sie mit Rücksicht auf die sozialen Sanierungsziele im Rahmen einer Güterabwägung zwischen sozialen und baulichen Sanierungszielen als Notwendigkeit für die Erreichung der sozialen Sanierungsziele angesehen worden. Enteignungsähnliche Eingriffe in das private Eigentum sind jedoch nur dann vertretbar, wenn es zum Schutz der Allgemeinheit kein milderes Mittel gibt. Nicht nur aus rechtlichen Gründen, sondern auch in Hinblick auf die Erreichung der baulichen Sanierungsziele zur Behebung der Substanzschwäche stellte sich die Frage nach der Treffsicherheit des sanierungsrechtlichen Instrumentariums Mietobergrenze neu.

In Babelsberg z.B. beträgt der Sanierungsstand 65 %. Ähnliches (mehr als 50 %) gilt für die anderen Sanierungsgebiete. Die in den letzten Jahren erfolgreiche Tätigkeit auf den Gebieten der Modernisierung und Instandsetzung lässt im 10. Jahr seit Bestehen von Sanierungssatzungen in Potsdam einen weitergehenden Schutz der Bevölkerung bzw. einen derartigen Eingriff in die Dispositionsfreiheit des Eigentümers nicht mehr verhältnismäßig erscheinen, da inzwischen die Mietobergrenzen den Mittelwerten des Mietspiegels (Baualter 1948 vollausgestattet, vollsaniert) entsprechen.

 

Auch unter Einbeziehung des Antrages „Änderung der Mietobergrenzen für Sanierungsgebiete und den Entwicklungsbereich Block 27“ (DS 03/SVV/0225) ist festzustellen:

 

Die Beibehaltung der Mietobergrenzen würde bedeuten, dass ein nicht mehr zeitgemäßes Instrument künstlich aufrechterhalten werden würde und mit kostenintensivem Verwaltungsaufwand unter Einbeziehung externer Rechtsberater- und Gutachterkapazitäten ein Hemmnis für die notwendigen baulichen Investitionen darstellen würde.

2. Die einzelnen Regelungen

Die Neufassung der Richtlinie wurde in enger Übereinstimmung mit den betroffenen Treuhändern, Sanierungsträger Potsdam GmbH und Stadtkontor GmbH erarbeitet.

Insgesamt wurde der Text der Richtlinie deutlich konkretisiert. Absichtserklärungen und präambelartige Passagen wurden herausgenommen, um die Lesbarkeit zu verbessern. Die Neufassung der Richtlinie soll eine klare Handlungsanleitung an die Verwaltung für die Konkretisierung und Umsetzung sozialer Sanierungsziele sein.

Punkt 3 –alt (Sanierungsziele) komplett herausgenommen: Der Bezug auf die sozialen Sanierungsziele findet sich in der Neufassung in Punkt 1.2.

Der Punkt 3 der Neufassung („Sanierungsgenehmigung“), der schon in der bisher geltenden Regelung enthalten war, bietet unter den gegebenen Rahmenbedingungen weiterhin genügend Möglichkeiten, im Vorfeld einer Sanierung soziale Härten zu erkennen und abzufangen. Als Nebenbestimmung zur Genehmigung kann die Verwaltung so auch die Aufstellung eines Sozialplans gemäß § 180 Absatz 3 Baugesetzbuch (Sozialplan des Veranlassers) verlangen, wenn die vorher genannte Alternative (Abschluss von Modernisierungsvereinbarungen) nicht den erwünschten Erfolg gebracht hat.

Neuer Punkt 4: In Einzelfällen, bei denen sich eine soziale Härte abzeichnet, kann die Stadt auf Kosten des Investors entweder selbst einen individuellen Sozialplan aufstellen oder mit der Aufstellung den Veranlasser beauftragen. Was im Einzelfall eine Härte bedeutet, kann nicht pauschal vorhergesagt werden, einen Anhaltspunkt bietet § 554 BGB. Zu einer Härte wird sicherlich die Miete nach einer Modernisierung gehören, wenn sie nicht mehr vom Mieter aufgebracht werden kann. § 180 BauGB zeigt hier die vorzunehmenden Maßnahmen auf, die mit den Betroffenen zu gehen sind: zum einen sind die möglichen Nachteile mit den Betroffenen zu erörtern. In Vollzug der Erörterungspflicht sind über den Sozialplan Vorstellungen zu entwickeln, wie nachteilige Auswirkungen auf die persönlichen Lebensumstände möglichst vermieden oder gemindert werden können. Diese Pflicht zur individuellen Beratung und Belehrung soll die Betroffenen in ihren eigenen Bemühungen unterstützen.

Die in Punkt 5 genannte unabhängige Mieterberatung dient u.a. dazu, die Mieter schon im Vorfeld über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären. Erfahrungsgemäß entstehen viele Härtefälle nur dadurch, dass individuelle Rechte nicht wahrgenommen werden. Hier sind die Härtegründe nach § 554 Absatz 2 BGB von besonderer Bedeutung. § 554 Absatz 2 lautet:

„Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. Dies gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist.“

Der Mieter besitzt also durch § 554 Abs. 2 BGB ein Instrument, mit dem er sich gegen eine unzumutbare Mieterhöhung selber zur Wehr setzen kann. Wenn die Wohnung jedoch in einen allgemein üblichen Zustand versetzt wird (nach der Rechtsprechung dann gegeben, wenn mindestens zwei Drittel aller Wohnungen in einem Bundesland das betreffende Ausstattungsmerkmal besitzen) oder bei einer Abwägung mit den berechtigten Interessen anderer oder des Vermieters könnte diese Härte nicht greifen. Insbesondere für diese Fälle prüft der Veranlasser, ob eine angemessene Wohnung im gleichen, einem anderen Sanierungsgebiet oder einem anderen Stadtteil zur Verfügung gestellt bzw. vermittelt werden kann. In der Regel erhalten Mieter bei der Aufgabe ihrer bisherigen Wohnung vom Vermieter auch eine Abfindung.

In der alten Richtlinie enthaltene Regelungen über Umzugskostenhilfen können nach der Neuregelung können nach dem Verursacherprinzip in die Sozialpläne selbst aufgenommen werden.

Auch der bisherige Punkt 7 (Beratungsangebot für private Eigentümer) ist stark vereinfacht worden. Der Kerngehalt der Regelung bleibt jedoch erhalten.

Der bisherige Punkt 8 entfällt. Diese Regelungen können im Einzelfall jedoch im Sozialplan selbst wieder aufgegriffen werden.

Der bisherige Punkt 9 entfällt. Die dort angesprochene gewissenhafte Prüfung der Folgen für das gebietsversorgende Gewerbe gehört sowieso zu den Sanierungszielen.

 

 

 

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Fazit finanzielle Auswirkungen

keine

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