Beschlussvorlage - 10/SVV/0045

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

1.        Einrichtung eines Gestaltungsrates für die Landeshauptstadt Potsdam gemäß § 12 der Hauptsatzung

2.        Geschäftsordnung des Gestaltungsrates gemäß Anlage 1

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Erläuterung

Begründung:

Die Stadtverordnetenversammlung hat mit dem Beschluss vom 01.04.2009 zur Drucksache 09/SVV/0173 die Verwaltung beauftragt, die nötigen Schritte zur Bildung eines Gestaltungsrates für die Landeshauptstadt Potsdam einzuleiten. Ziel ist eine fachlich intensive Diskussion, die Impulse auch für den ohnehin stattfindenden öffentlichen Diskurs setzt.

Die wesentlichen Ansprüche für die Arbeit des Gestaltungsrates, Grundsätze seiner Zusammen­setzung sowie die Verfahrensweisen werden in der Geschäftsordnung geregelt, die Gegenstand dieser Beschlussvorlage ist.

Wesentliches Merkmal der Arbeit des Gestaltungsrates ist das Verständnis, dass dieser sich mit seiner sachverständigen Beratung und einer intensiven Diskussion qualitativer Kriterien vor allem an Bauherren und Architekten richtet, um diese in gestalterischer Hinsicht zu beraten, damit einen Beitrag zur Sicherung eines hohen Standards an architektonischer Qualität zu sichern und Fehlentwicklungen möglichst zu vermeiden. Daneben soll der Gestaltungsrat auch unterstützend wirken bei Entscheidungen zu Fragen der städtebaulichen Gestaltung im Rahmen von anstehenden Baugenehmigungsverfahren, dies allerdings zu einem möglichst frühen Zeitpunkt der Entwicklung von Projekten, um Spielräume seitens der Bauherren und Architekten weitestmöglich für eine qualitative Optimierung zu nutzen. In begründeten Einzelfällen kann auch eine Beratung der Gremien der Stadtverordnetenversammlung zu grundsätzlichen Entscheidungen bei städtebaulichen Planungen in Betracht kommen; die Initiative für eine solche Diskussion wird sich in der Regel aus der Abstimmung zwischen zuständigem Fachausschuss und dem Geschäftsbereich Stadtentwicklung und Bauen ergeben.

 

Zu Regelungen der Geschäftsordnung im Einzelnen:

Die formulierten Grundsätze zur Zusammensetzung des Gestaltungsrates stellen darauf ab, ein möglichst umfassendes Spektrum an Mitgliedern zu gewährleisten, die in besonderer Weise dem Bauen in historisch geprägtem Umfeld und der Verknüpfung von baulicher Qualität, Landschaft und Wasser verpflichtet sind. Sie sollen zugleich in ihrer Zusammensetzung auch internationale Bezüge der Potsdamer Bautraditionen repräsentieren.

Der formulierte Anspruch einer ausschließlich fachbezogenen und unabhängigen Stellung der Mitglieder des Gestaltungsrates soll dokumentiert und unterstützt werden dadurch, dass sie ersichtlich weder während ihrer Tätigkeit im Gestaltungsrat noch im zeitlichen Umfeld dieser Aufgabe eigene Interessen im Zuge von Planungs- oder Bauaufträgen in Potsdam haben. Die Landeshauptstadt wird in gleicher Weise ihrerseits als Auftraggeberin Verträge mit Mitgliedern des Gestaltungsrates nicht vor Ablauf eines Jahres nach deren Ausscheiden abschließen.

Die Regelungen zur Zuständigkeit des Gestaltungsrates formulieren bewusst keinen räumlich abgegrenzten oder bevorzugten Bereich innerhalb des Stadtgebietes, sondern stellen vor allem auf die für das Stadtbild prägende Bedeutung von Vorhaben ab, die etwa an einer Magistrale ebenso gegeben sein kann.

Angesprochen sind Bauvorhaben sowohl öffentlicher als auch privater Bauherren, die nach Lage, Umfeld, Größe, Nutzung, Ensemblewirkung oder Repräsentationsanspruch für das Stadtbild und für den Freiraum prägend sind. Gleichermaßen bedeutsam können auch Veränderungsmaßnahmen an historisch bedeutenden, stadtbildprägenden Gebäuden oder Ensembles sein. Einbezogen werden sollen auch solche Vorhaben, die aufgrund ihrer Stellung als Pilotvorhaben wegweisenden Charakter für die Qualitätsmaßstäbe im Rahmen eines wichtigen stadtentwicklungspolitischen Projektes haben.

Bauvorhaben, Konzepte und Planungen sollen dem Beirat in frühem Stadium vorgetragen werden, möglichst nicht erst zeitlich eingebunden in das mit engem Zeitkorsett laufende Baugenehmigungsverfahren, um keine verfahrensbedingten Verzögerungen zu erleiden. Deshalb soll schon bei vorgreifenden Beratungen in Stadtplanung und Bauaufsicht zu Projekten, die die Kriterien für eine Behandlung im Gestaltungsrat erfüllen, auf eine möglichst frühzeitige terminliche Abstimmung mit den Sitzungsterminen hingewirkt werden.

Der Anspruch, vor allem auch gegenüber Bauherren und Architekten beratend tätig zu werden, schlägt sich nieder in der ausdrücklichen Regelung, dass der Gestaltungsrat auch auf Antrag des Bauherren mit einem Vorhaben zu befassen ist. Dies soll einerseits darum werben, dass Bauherren bewusst von sich aus Beiträge zu einer hohen Qualität der städtebaulichen Gestaltung einbringen und den fachlichen und öffentlichen Diskurs zu diesen Fragen befruchten. Andererseits soll damit auch die Möglichkeit gegeben werden, kritische Bewertungen von Bauvorhaben seitens der Verwaltung in gestalterischer Hinsicht zu hinterfragen und einem unabhängigen fachlichen Urteil zuzuführen.

Umgekehrt muss dem Bauherren formal das Recht gegeben werden, einer Behandlung seines Vorhabens im Gestaltungsrat zu widersprechen. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 52 (3) Satz 1 BbgBO, nach der die Einbeziehung von Sachverständigen im Baugenehmigungsverfahren „im Einvernehmen“ mit dem Bauherren erfolgt. Grundsätzlich sollen jedoch Bauherren zunächst ermutigt werden, diese Diskussion im Interesse einer kooperativen Orientierung und der auch dem Bauherren zugute kommenden hohen Qualität wahrzunehmen. Wenn ein Bauherr gleichwohl nicht die Zustimmung zur Behandlung im Gestaltungsrat gibt, soll er dazu aufgefordert werden, dies schriftlich zu erklären. Die Dokumentation dieser Abstimmung wird zu den Akten genommen.

Die Regelungen für die Sitzungen des Gestaltungsrates unterscheiden sich deutlich von der überwiegenden Mehrzahl vergleichbarer Beiräte in anderen Städten. Mit Blick auf den intensiven öffentlichen Diskurs zu Fragen der städtebaulichen Gestaltung verfolgt die Geschäftsordnung den Regel-Anspruch, in Potsdam nicht nur (wie in vielen Städten) die zu behandelnden Vorhaben öffentlich vorzustellen, sondern auch die möglicherweise kontroverse inhaltliche Diskussion in öffentlichen Sitzungen zu führen und nicht nur ein Ergebnis dieser Diskussion öffentlich bekannt zu machen.

Eine solche Verfahrensweise erfordert dann eine enge Regelung zum Rederecht in den Sitzungen. Nur mit stringenter Handhabung der Begrenzung des Rederechts kann die grundsätzlich öffentliche Durchführung der Sitzungen erfolgreich sein – sonst ist absehbar mit interessenbezogenen Wortmeldungen Dritter und in der Folge mit dem ebenso interessenbezogenen Verlangen von Bauherren nach Nichtöffentlichkeit oder dem Widerspruch gegen die Befassung des Gestaltungsrates zu rechnen. In gleichermaßen stringenter Handhabung muss auch die Beiziehung Dritter zur Berichterstattung auf ausdrücklicher und erkennbarer Entscheidung des Gestaltungsrates, möglichst nach vorheriger Abstimmung, beruhen.

Die Vorstellung eines Vorhabens soll auf Wunsch dem Bauherrn oder Architekten überlassen werden, die zugleich fraglos auch Rederecht haben sollen. Dies stärkt die Bereitschaft zur – auch öffentlichen – Behandlung und trägt zu der gewollten kooperativen Orientierung bei.

Mit der gewählten Verfahrensweise kann eine breite öffentliche Wahrnehmung der Diskussion gewährleistet und so ein stetiger Beitrag auch zu dem öffentlichen Diskurs in Fragen der städtebaulichen Gestaltung in Potsdam geleistet werden.

Die Protokollierung der jeweiligen abschließenden Beurteilung als Ergebnis einer Beratung dient einerseits der nachvollziehbaren Dokumentation, andererseits auch einer laufenden Information der Mitglieder des Ausschusses für Stadtplanung und Bauen.

Diesen soll auch im Vorlauf zu den jeweiligen Sitzungen des Gestaltungsrates die vorgesehene Tagesordnung zur Kenntnis gegeben werden Damit ergibt sich zugleich die Möglichkeit, dass Anregungen für die Befassung des Gestaltungsrates mit bestimmten Vorhaben gegeben werden. Vorschläge des Gestaltungsrates im Sinne einer „Selbstbefassung“ können gleichermaßen in die Tagesordnung aufgenommen werden.

In der Regel wird der in der Geschäftsordnung vorgesehene Turnus zweimonatlicher Sitzungen ausreichen. Im Einzelfall kann sich jedoch dringlicher Beratungsbedarf ergeben, insbesondere bei Vorhaben, für die bereits ein Bauantrag gestellt ist, eine Befassung trotz entsprechender Bedeutung zuvor jedoch nicht erfolgt ist. Solche Vorhaben sollen, wenn dies erkennbar wird, umgehend für die Behandlung im Gestaltungsrat angemeldet werden, damit die bauordnungsrechtlichen Fristen eingehalten werden können. Ist nach dem Sitzungsplan eine rechtzeitige Behandlung nicht gewährleistet, so ist durch die Geschäftsstelle über die Einberufung einer Sondersitzung zu entscheiden. Zur Vereinfachung sieht die Geschäftsordnung als Ausnahmeregelung auch die Verteilung der Unterlagen an die Mitglieder des Gestaltungsrates im Wege eines sog. „Umlaufverfahrens“ vor, das dann über die Auswertung der schriftlichen Rückmeldungen zu einer Entscheidung kommt.

Die Regeln für Entscheidungen des Gestaltungsrates entsprechen üblichen Gepflogenheiten. Sie sollen in einer ersten Phase der Arbeit beobachtet werden, zumal nach der erfolgten Recherche gerade jüngst einzelne Kommunen von einer solchen formalen Regelung Abstand genommen haben, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass die Beratungen überwiegend auf einmütige Ergebnisse orientiert sind.

 

Weiteres Verfahren:

Wenn die Stadtverordnetenversammlung dem vorliegenden Beschlussvorschlag zustimmt, wird der Oberbürgermeister die Mitglieder des Gestaltungsrates berufen. Es ist vorgesehen, die in Aussicht genommenen Berufungen der Stadtverordnetenversammlung zuvor mitzuteilen und Gelegenheit zur Erörterung zu geben, soweit die Nicht-Öffentlichkeit der persönlichen Angaben gewährleistet werden kann.

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Fazit finanzielle Auswirkungen

Die des Gestaltungsrates löst Kosten für die Honorierung der Mitglieder, Erstattung von Reisekosten etc. sowie für die organisatorische Durchführung der Sitzungen aus; die Begleitung der Arbeit in einer Geschäftsstelle verursacht Aufwand im Umfang einer halben Stelle im Fachbereich Stadtplanung und Bauordnung.

Aufgrund von Erfahrungen anderer Kommunen und überschlägigen Einschätzungen sind insgesamt 80.000 € an Aufwendungen im Haushaltsentwurf 2010 veranschlagt, der maßgebliche Anteil hiervon im Produktkonto 5110500.5431590 – sonstige Sachverständigen-, Gerichts- und ähnliche Aufwendungen.

Eine Aufnahme der Arbeit des Gestaltungsrates vor der Genehmigung des Haushaltes 2010 bedarf einer gesonderten Entscheidung im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung, da die Aufwendungen weder durch gesetzliche Bindungen noch durch bestehende vertragliche Verpflichtungen ausgelöst werden.

 

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Anlagen

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