Antrag - 12/SVV/0125

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu regeln, dass bei In-House-Geschäften aller Art, bei denen rechtlich selbständige Unternehmen der Landeshauptstadt Potsdam als In-House-Auftrag­nehmer Eigener­klärungen abgeben, alle wesent­lichen Teile des Auftrages mit den vorhandenen personellen und sächlichen Mitteln selbst erbracht werden.

 

Dem Oberbürgermeister wird als Gesellschaftervertreter nach § 97 Abs. 1 BbgKommVerf die Wei­sung erteilt, dass in allen städtischen Gesellschaften ohne Beteiligung Dritter ein Gesell­schaf­terbeschluss gefasst wird, wonach bei einem In-House-Auftrag sicherzu­stellen ist, dass der wesentliche Teil des Auftrages tatsächlich durch die Gesellschaft selbst erbracht wird und die Beauftragung von Subunternehmern nur in begründeten Einzelfällen zulässig ist und nicht dazu hren darf, dass die beauftragte Gesellschaft lediglich die Regieleistung erbringt.

 

Geplante Beauftragungen von Subunternehmern sind durch die Gesellschaft bei Abschluss des In-House-Geschäfts in Art und Umfang zu beschreiben und auf ihre wettbewerbsrechtlichen Auswir­kungen hin zu bewerten; diese Bewertungen sind zu den Akten zu nehmen.

 

Steht ein In-House-Geschäft in Zusammenhang mit einem Beschluss der StVV, so ist der Rechnungsprüfungsausschuss vorab über das Geschäft und das entsprechende Votum des Rechnungsprüfungsamtes zu unterrichten.

 

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Erläuterung

Begründung:

 

Die Stadt kann öffentliche Aufträge unter bestimmten Voraussetzungen an die eigenen kom­muna­len, rechtlich selbständigen Unternehmen freihändig vergeben. Unabhängig davon, ob diese Ge­schäfte sonst gegenüber Dritten aus­schreibungspflichtig wären oder nicht, werden sie als In-House-Geschäfte bezeichnet.

 

Die Gesetzgebung und die Rechtssprechung zu In-House-Geschäften ist gegenwärtig unein­heit­lich. Einige Kommunen haben in den vergangenen Jahren langwierige Vergaberechts­prozesse mit teilweise erheblichen Kosten führen müssen. Hauptstreitpunkt war dabei zumeist die wettbe­werbsrechtliche Bewertung. Auch dieses Kostenrisiko kann durch eine klare Regelung der Landes­haupt­stadt Potsdam für alle In-House-Geschäfte reduziert werden.

 

Für die Landeshauptstadt Potsdam soll gelten: Die Durchleitung von In-House-Auf­trägen als Form der Wettbewerbsverzerrung soll generell ausgeschlossen werden. Ein kom­muna­les Unter­neh­men, welches einen In-House-Auftrag annimmt, muss in der Lage sein, den wesentlichen Teil des Auf­trags auch selbst, d.h. mit den vorhandenen personellen und sächlichen Mitteln auszuführen.

 

Zur Durchsetzung dieser klaren Regelung sollen die kommunalen Gesellschaften auch bei In-House-Geschäften Eigenerklärungen abgeben. Parallel zu den Eigenerklärungen soll in den kommu­nalen Gesellschaften ohne Drittbeteiligung durch Gesellschafterbeschluss die Regelung festgehalten werden, dass bei Auftragsannahme sicher­zustellen ist, dass der wesentliche Teil des Auftrages selbst erbracht werden kann und selbst erbracht wird.

 

Zum rechtlichen Hintergrund:

 

Die Vergaberechtsprechung in Deutschland zu In-House-Geschäften ist uneinheitlich in der Frage, ob ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn der überwiegende Teil eines In-House-Auftrages an Subunter­nehmer weitergeleitet wird und das kommunale Unternehmen selbst die Leistung gar nicht erbingen will oder erbringen kann (Vergabekammer Münster 07.10.2010; OLG Düsseldorf 02.03.2011, Vergabekammer Südbayern 25.03.2011).

 

Auch die Gesetzgebung ist bei diesem Thema in Bewegung. Am 07.12.2011 wurde das GWB (Gesetz gegen Wettbewerbs­be­schränkungen) verändert, wobei im Gesetzgebungsverfahren das Thema In-House-Geschäfte sehr kontrovers diskutiert wurde. Auch die EU-Kommission hat die Ver­gabe­koordinierungsrichtlinie (bisher VKR – 2004/18/EG) und die Sektorenkoordinierungs­richt­linie (bisher SKR – 2004/17/EG) überarbeitet; das Europäische Parlament muss noch zustimmen. In Art. 19 der zukünftigen EU-Vergabekoordinierungsrichtlinie werden erstmals diejenigen Voraus­setzungenr In-House-Geschäfte festgeschrieben, die bereits 1999 durch die Recht­sprechung des EuGH (sog. Teckal-Urteil) definiert wurden. Der EU-Gesetzgeber regelt damit zukünftig die Fragen, wie eng der Auftrag­nehmer mit dem Auftraggeber organisatorisch verflochten sein müssen, damit ein In-House-Geschäft zulässig und nicht wettbewerbsgefährdend ist.

 

Ob ein Auftrag gegenüber sonstigen Dritten freihändig vergeben werden könnte oder wegen Über­schreitung der einschlägigen Schwellenwerte ausschreibungspflichtig wäre, soll für die Potsdamer Regelung keine Rolle spielen zugun­sten einer einheitlichen Festlegung für alle In-House-Ge­schäfte.

 

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