Antrag - 02/SVV/0169

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Beschlussvorschlag

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sicherzustellen, daß die Aufstellung eines Gedenksteins für Vertriebene in Potsdam in einer Art geschieht, die

 

-            jegliches Mißverständnis gegenüber den Staaten, die Deutschland vom Hitlerfaschismus befreiten, ausschließt

-     die deutsche Kriegsschuld klar deutlich macht

-     sich klar zu den heutigen deutschen Grenzen und den Festlegungen des Potsdamer Abkommens zur Umsiedlung bekennt.

 

Dazu ist der Standort am Bassinplatz für den Gedenkstein ebenso auszuschließen, wie der bislang vorliegende Textvorschlag des Bundes der Vertriebenen.

 

Weitere Vorschläge sind vor ihrer Realisisierung der Stadtverordnetenversammlung zur Beschlußfassung vorzulegen.

 

 

 

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Erläuterung

In seinen Sitzungen am 14.03.01 und 11.04.01 beschäftigte sich der Hauptausschuß der StVV mit der Frage der Errichtung eines Vertriebenen-Mahnmals in Potsdam. Nach einigen Diskussionen wurde das Anliegen in die Gedenktafelkommission überwiesen. Nunmehr ist als Standort der Bassinplatz vorgesehen. Der Stein soll folgendes Zitat Albert Schweitzers tragen: „In schlimmster Weise vergeht man sich gegen das Recht, wenn man Völkerschaften das Recht auf das Land, das sie bewohnen, in der Art nimmt, daß man sie zwingt, sich anderswo anzusiedeln.“

 

Diese bisherigen Überlegungen der Gedenktafelkommission, die als Standort für den Gedenkstein den Bassinplatz und als Text für den Stein ein Zitat Albert Schweitzers vorsehen, das lediglich die Umsiedlungen und Vertreibungen als scstes Unrecht bezeichnet, können keine ernsthafte Grundlage für eine angemessene Bearbeitung des Themas darstellen.

 

Die Bezeichnung der Umsiedlungen und Vertreibungen als Vergehen gegen das Recht „in schlimmster Weise“ lädt geradezu zu historischen Fehlinterpretationen ein, wenn diese mit dem Vorschlag des BdV nicht gerade beabsichtigt sind. Der verwendete Superlativ ist ahistorisch und daher auf einem Gedenkstein völlig unakzeptabel.

Das größte Verbrechen der deutschen Geschichte waren nicht Flucht, Umsiedlung und Vertreibungen nach dem 2. Weltkrieg, sondern der von Deutschland verübte systematische Massenmord an Jüdinnen und Juden. Diesem Verbrechen allein sollten die verwendeten Superlative vorbehalten sein.

 

Stattdessen fehlt jeder Hinweis auf die Tatsache, daß Nazideutschland einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führte und schließlich durch seine aggressive Siedlungs-, Vertreibungs- und Germanisierungspolitik insbesondere in Polen und der Tschechoslowakei selbst maßgeblich dazu beigetragen hat, daß die Alliierten im Potsdamer Abkommen neben den heutigen Grenzen auch die Ausweisung deutscher Bevölkerungsgruppen aus Polen, der Tschechoslowakei und der Sowjetunion vereinbarten. Gerade mit diesen Ausweisungen sollte nach den Erfahrungen mit der Rolle z.B. der Sudetendeutschen bei der Einverleibung der Tschechoslowakei ins Nazireich  vermieden werden, daß deutsche Minderheiten wieder als Hebel für eine aggressive deutsche Außenpolitik benutzt werden und Konflikte zwischen der deutschen und der übrigen Landesbevölkerung entstehen.

Wie berechtigt diese Befürchtungen noch heute sind, zeigt die Tatsache, daß das durch den BdV jahrzehntelang durchaus erfolgreich eingeforderte „Recht auf Heimat“ derzeit offensiv durch die NPD, eine Interessengemeinschaft für die Wiedervereinigung Gesamtdeutschlands und die Junge Landsmannschaft Ostpreußen propagiert wird. Am 12.01.02 fand in Frankfurt/Oder eine Demonstration der NPD für das „Recht auf Heimat“ statt, am 11.02.02 demonstrierte die IWG in Guben unter gleichem Motto für die „Rückgabe der deutschen Ostgebiete“ und die „wahren Interessen der Vertriebenen“. Ursprünglich war der Gedenkstein für den von Nazis zu Tode gehetzten Algerier Farid Guendoul als Ziel der Vertriebenendemonstration vorgesehen.

 

Weitere Demonstrationen unter dem gleichen Motto sollen u.a.  im Land Brandenburg in den nächsten Monaten folgen.

 

Eine Verwendung des Albert Schweitzer-Zitates ist also nur denkbar, wenn eine ausdrückliche diesbezügliche Klarstellung es ergänzt.

 

Geradezu geschmacklos ist die Idee, diesen Gedenkstein auch noch in der unmittelbaren Nähe des sowjetischen Ehrenmals am Bassinplatz zu errichten. Ein Gedenkstein für die Vertriebenen und erst recht einer, der durch die Verwendung von Superlativen das Unrecht der Vertreibungen über den Vernichtungskrieg Hitlerdeutschlands und den Holocaust stellen will, würde symbolisch das Andenken an diejenigen relativieren, die ihr Leben für die Befreiung Deutschlands vom Faschismus gaben.

 

Für unsere Fraktion ist es nicht hinzunehmen, daß ausgerechnet die Stadt des Potsdamer Abkommens, dessen Ergebnisse bis zur Wende den Frieden in Mitteleuropa gewährleisteten, ohne Beteiligung der StVV einen Gedenkstein aufstellen möchte, der als Provokation gegen das Potsdamer Abkommen verstanden werden muß und unter Negierung der historischen Zusammenhänge die deutschen Vertriebenen ausschließlich in einer Opferrolle darstellt.

 

 

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Fazit finanzielle Auswirkungen

 

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